Lebenserwartung Mit Pillen über 100?
Den Wissenschaftlern ist es nach eigenen Angaben gelungen, die Position der Gene für ein hohes Alter näher zu bestimmen. Die Erbanlagen, die Menschen 90, 100 und mehr Jahre alt werden lassen, liegen demnach in einem eng begrenzten Bereich auf Chromosom 4, berichten die Wissenschaftler im amerikanischen Wissenschaftsjournal "Proceedings of the National Academy of Sciences".
Entgegen der bisherigen Annahme ist demnach möglicherweise nur ein Gen für ein außergewöhnlich hohes Alter ausschlaggebend - oder maximal vier bis sechs Gene. Die meisten Wissenschaftler waren bislang davon ausgegangen, dass hunderte bis tausend Gene im Erbgut Einfluss auf die Lebenserwartung haben. Diese Entdeckung könnte nach Ansicht der Forscher in Zukunft sogar zu einem Medikament führen, dass die Funktion dieser Gene nachahmt.
Das Team um Louis Kunkel vom Howard Hughes Medical Center in Chevy Chase bei Washington und Thomas Perls vom Beth Israel Deaconess Medical Center in Boston stellte fest, dass Menschen mit gutmütigen Versionen der fraglichen Gene problemlos 20 Jahre älter werden als andere. Die meisten dieser genetisch begünstigten Menschen blieben bis ins hohe Alter aktiv und bei relativ guter Gesundheit.
Die Autoren der Studie verglichen das Erbgut von 137 Geschwisterpaaren, die ein ausgesprochen hohes Alter erreicht hatten. Dabei musste eines der Geschwister 98 Jahre oder älter sein und einen Bruder von mindestens 91 Jahren oder eine Schwester von wenigstens 95 Jahren haben. Bei ihrer Suche nach den entscheidenden Genen konzentrierten sich die Forscher auf 400 bestimmte Punkte im Genom der insgesamt 308 untersuchten Geschwister.
Dabei stießen sie auf eine winzige Region auf Chromosom 4, die bei allen Beteiligten im Vergleich zum Standard-Genom des Menschen Unterschiede aufwies. Da aber selbst in diesem kleinen Bereich des Chromosom Nummer 4 etwa 500 Gene liegen, sind die Forscher noch lange nicht am Ziel. Erst mit der genauen Kenntnis der verantwortlichen Gene können sie deren Einfluss auf die menschlichen Zellen identifizieren - und die Ursachen für ein ungewöhnlich hohes Alter feststellen.
Darauf gestützt könnten dann möglicherweise Medikamente entwickelt werden, die die Wirkung der Gene auch ohne entsprechende Veranlagung nachahmen. Ob das überhaupt möglich ist, darüber debattieren die Forscher noch immer. Nach einem vor rund 40 Jahren von Len Hayflick, der Grauen Eminenz der Altersforschung, entwickelten Gesetz, können sich menschliche Zellen nur etwa 50-mal teilen - dann sind sie am Ende.
Zwar haben Genetiker in den vergangenen Monaten immer wieder gezeigt - bei Fadenwürmern, Fruchtfliegen oder manipulierten Mäusen - dass bestimmte Gene mitunter das Leben verlängern können, von Altersforschern der alten Schule werden derartige Experimente aber nicht anerkannt. Sie glauben, dass sich im Laufe des Lebens immer mehr Fehler in den Zellen anhäufen - unabhängig von der Erbinformation. Hayflick: "Gene haben mit dem Alterungsprozess nichts zu tun."