
Luftverschmutzung: Städte im giftigen Dunst
WHO-Analyse Neun von zehn Stadtbewohnern atmen gefährliche Luft
Genf - Stadtluft ist schlecht bekömmlich - zu diesem Ergebnis kommt die Weltgesundheitsorganisation (WHO). Fast 90 Prozent der Stadtbevölkerung weltweit atmet Luft ein, deren Belastung deutlich über den von der WHO empfohlenen Grenzwerten liegt, wie die Organisation am Mittwoch in Genf mitteilte.
In ihrer neuen Analyse untersuchte die WHO Daten aus den Jahren 2008 bis 2013 aus weltweit 1600 Städten in 91 Ländern - 500 mehr als in einer früheren Untersuchung von 2011. Besonders dramatisch sei die Lage in Afrika und Südostasien. Ursachen für die schlechte Luftqualität seien vor allem der Autoverkehr und das Verbrennen von Kohle, Öl und Gas. Auch eine ineffiziente Energienutzung in Gebäuden trage dazu bei. "Viele städtische Zentren sind so eingehüllt in schmutzige Luft, dass ihre Skyline unsichtbar wird", sagte Flavia Bustreo, WHO-Vizegeneraldirektorin für Familie, Frauen und Gesundheit der Kinder. Es sei gefährlich, die Luft dort einzuatmen.
Luftverschmutzung - Die 10 schmutzigsten Länder und Städte
Stadt | durch- | schnitt- | liche jährliche Belastung (µg/m³)* | Land | durch- | schnitt- | liche jährliche Belastung (µg/m³)* | Deutschland | durch- | schnitt- | liche jährliche Belastung (µg/m³)* | ||
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Delhi (Indien) | 153 | Pakistan | 101 | Berlin | 20 | ||||||||
Patna (Indien) | 149 | Katar | 92 | Bielefeld | 20 | ||||||||
Gwalior (Indien) | 144 | Afghanistan | 84 | Cottbus | 20 | ||||||||
Raipur (Indien) | 134 | Bangladesch | 79 | Gelsenkirchen | 20 | ||||||||
Karachi (Pakistan) | 117 | Iran | 76 | Brandenburg | 19 | ||||||||
Peshwar (Pakistan) | 111 | Ägypten | 74 | Dortmund | 19 | ||||||||
Rawalpindi (Pakistan) | 107 | Mongolei | 64 | Essen | 19 | ||||||||
Khoramabad (Iran) | 102 | Vereinigte Arabische Emirate | 61 | Halle | 19 | ||||||||
Ahmedabad (Indien) | 100 | Indien | 59 | Krefeld | 19 | ||||||||
Lucknow (Indien) | 96 | Bahrain | 57 | Mülheim | 19 |
Quelle: WHO
Erst im Frühjahr machte China Schlagzeilen mit andauerndem Smogalarm. Nach einem offiziellen Bericht chinesischer Wissenschaftler ist die Hauptstadt Peking aufgrund der hohen Luftverschmutzung zum Leben "kaum noch geeignet". Weil die Bevölkerung sich zunehmend über die massive Umweltverschmutzung im Land beschwert, sieht sich die chinesische Regierung zum Handeln gezwungen. Allein in diesem Jahr gibt sie umgerechnet 1,2 Milliarden Euro für den Kampf gegen den Smog aus. Das Geld soll Städte und Regionen belohnen, die die Luftqualität wesentlich verbessern.
Verhaltener Optimismus
Auch in anderen Regionen der Welt nehmen Bevölkerung und Politik den Kampf gegen die Luftverschmutzung in Angriff. Die kolumbianische Hauptstadt Bogotá zum Beispiel habe mit verbessertem öffentlichen Nahverkehr und guten Angeboten für Fußgänger und Radfahrer Erfolge erzielt, heißt es im aktuellen WHO-Bericht. Auch die dänische Hauptstadt Kopenhagen wird positiv hervorgehoben. Dort seien unter anderem durch den hohen Stellenwert des Fahrrads Verbesserungen der Luftqualität erreicht worden.
Angesichts derartiger Beispiele gab sich die WHO-Direktorin für öffentliche Gesundheit, Maria Neira, optimistisch: Der Kampf gegen die Luftverschmutzung könne gewonnen werden. Einzelne Städte hätten die Möglichkeit, ihre Luftqualität durch lokale Maßnahmen zu verbessern - auch entgegen regionaler Trends.
Tödliche Luft
Laut WHO sterben rund sieben Millionen Menschen pro Jahr infolge von Luftverschmutzung. Jeder achte Todesfall weltweit geht demnach auf verschmutzte Luft zurück. Ungefähr 3,7 Millionen Todesfälle sind auf Smog in der Umwelt, 4,3 Millionen auf verschmutzte Luft in Innenräumen zurückzuführen. Weil zahlreiche Menschen beiden Arten von Luftverschmutzung ausgesetzt seien, ergebe sich eine Gesamtzahl von sieben Millionen. Die häufigsten durch Luftverschmutzung bedingten Todesursachen sind Schlaganfälle und Erkrankungen der Herzkranzgefäße, gefolgt von chronischen Lungenerkrankungen.
Anmerkung der Redaktion: In einer früheren Version des Artikels war die letzte Spalte der WHO-Tabelle leider abgeschnitten. Wir haben den technischen Fehler korrigiert und bitten, ihn zu entschuldigen.