Mäuse-Embryonen Nanopartikel stören Genaktivität

Wie gefährlich sind Nanopartikel? Forscher haben winzige Titandioxid-Teilchen, die unter anderem in Sonnencremes vorkommen, schwangeren Mäusen injiziert. Beim Nachwuchs war danach die Aktivität Hunderter Gene verändert - ähnlich wie bei neurologischen Erkrankungen.

Nanotechnologie ist schon längst keine Zukunftsmusik mehr. Winzige Partikel werden im Alltag bereits an vielen Stellen eingesetzt. Wie die Teilchen aber auf die Zellen des menschlichen Körpers wirken, ist nicht im Detail geklärt.

In Versuchen an Mäusen haben japanische Wissenschaftler jetzt aber herausgefunden, dass Partikel in Nanometer-Größe die Hirnentwicklung bei Föten beeinflussen können. Wissenschaftler um Ken Takeda von der Universität in Tokio spritzten trächtigen Mäusen eine Lösung mit 25 bis 70 Nanometer großen Titandioxid-Partikeln, wie sie etwa in Sonnencremes, zur Luft- und Wasserreinigung und für selbstreinigende Oberflächen eingesetzt werden.

Das Ergebnis: Die Partikel veränderten die Proteinproduktion, schreiben die Wissenschaftler im Fachjournal "Particle and Fibre Toxicology". Konkret störten sie die Übersetzung der Erbgutinformation in Proteine. Betroffen seien unter anderem Gene, die bei neurologischen Störungen eine Rolle spielten. "Unsere Ergebnisse stützen die Befürchtung, dass dieses spezielle Nanomaterial das Potential hat, die menschliche Gesundheit zu beeinflussen", erläuterte Takeda in einer Mitteilung zu seiner Studie.

Das Team untersuchte die Genaktivität der Jungen noch im Fötalstadium und zu verschiedenen Zeitpunkten nach der Geburt. Anschließend verglichen die Wissenschaftler sie mit dem Nachwuchs unbehandelter Tiere. Dabei zeigten sich bei Hunderten Genen Unterschiede. Viele der Aktivitätsmuster waren typisch für bestimmte neurologische Störungen. Takeda erläuterte: "Zu den Krankheiten, die auf diese Gene zurückzuführen sind, zählen solche, die sich in der Kindheit entwickeln - wie Autismus, Epilepsie und Lernschwierigkeiten. Aber auch solche, die vor allem bei Erwachsenen oder im Alter auftreten, wie Alzheimer, Schizophrenie und Parkinson."

In ihrer Arbeit weisen die Forscher allerdings darauf hin, dass den Mäuse-Müttern vergleichsweise hohe Dosen Titandioxid gespritzt wurden. Der Effekt sei deshalb nicht auf die reale Alltagssituation übertragbar, sondern nur ein erster Anhaltspunkt.

Im Nanometer-Maßstab (ein Nanometer ist ein Milliardstel Meter), verändern sich die chemischen und physikalischen Eigenschaften von Materialien. Auch der Einfluss auf biologische Systeme wandelt sich - die winzigen Partikel dringen im Körper in viel mehr Bereiche vor und können mit Molekülen wechselwirken.

Titandioxid-Krümelchen werden als weißes Pigment schon seit Jahrzehnten tonnenweise in Farben und Sonnencremes verwendet. Seit einiger Zeit wird die Substanz auch in Form weniger Nanometer großer Partikel benutzt - obwohl Forscher noch wenig über deren Wirkung auf die Gesundheit wissen. In Tierversuchen wurden mehrfach negative Effekte nachgewiesen, beispielsweise auf die Atemwege.

lub/dpa

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