Fotostrecke

Fields-Medaille: Preis für junge Mathematiker

Foto: REUTERS/ Song Eun-Seok/ News1

Fields-Medaille für Maryam Mirzakhani Die Nummer eins

Ihre Karriere begann bei der Mathe-Olympiade, nun gilt Maryam Mirzakhani als beste Mathematikerin der Welt. Als erste Frau hat sie die renommierte Fields-Medaille bekommen. Was treibt die 37-Jährige an?

Ein bisschen peinlich war es manch einem Mathematiker schon, dass von 1936 bis 2010 ausschließlich Männer die Fields-Medaille bekommen haben - die höchste Auszeichnung ihres Fachgebiets. Weibliche Nobelpreisträger sind zwar auch selten, aber immerhin gibt es sie, Marie Curie bekam ihren 1903.

Nun hat mit der Iranerin Maryam Mirzakhani erstmals eine Frau die begehrte Fields-Medaille erhalten - gemeinsam mit drei männlichen Kollegen. Bei der Preisverleihung in Seoul bekam sie den meisten Applaus. Die etwa 5000 auf dem Mathematiker-Kongress versammelten Wissenschaftler feierten die erste weibliche Preisträgerin ganz besonders. Der Rummel brachte die Iranerin so durcheinander, dass sie zunächst vergaß, neben der Medaille auch ihre Urkunde in Empfang zu nehmen.

"Es war an der Zeit, dass das passierte", sagte Jürg Kramer, Chef der Deutschen Mathematiker-Vereinigung (DMV). Er freue sich sehr, dass eine Mathematikerin eine Fields-Medaille bekomme: "Intelligenz ist zwischen den Geschlechtern gleich verteilt."

"Ich gehörte zu einer glücklichen Generation"

Die Karriere von Maryam Mirzakhani begann auf einer Mathematikolympiade. "Nach Ende des Iran-Irak-Krieges hatte ich mehr Möglichkeiten als die Schüler vor mir", sagt sie. Mirzakhani besuchte die Farzanegan Mittelschule für Mädchen in Teheran, die vom iranischen Staat für besonders talentierte Schülerinnen eingerichtet worden war. "Ich gehörte zu einer glücklichen Generation", sagt sie rückblickend.

Im Alter von zwölf Jahren glaubte die Iranerin, kaum Talent für Mathematik zu haben - aber das änderte sich bald. "Ich hatte eine Freundin, die Mathe mochte - das hat mich motiviert." Keine Mitschülerin habe gesagt, Mathe sei uncool, viele hätten sich für das Fach interessiert. "Das ist wichtig, denn Freunde haben einen großen Einfluss - vor allem im Teenageralter", sagt Mirzakhani. "Ich hatte aber auch immer Lehrer, die mich motiviert haben."

Von einer älteren Schülerin besorgten sich die beiden Mädchen Aufgaben, die iranische Talente beim Landesausscheid lösen mussten, um sich für das sechsköpfige Nationalteam zur Internationalen Mathematikolympiade zu empfehlen. Mirzakhani konnte zwar nur einen Teil der Aufgaben lösen, war aber fasziniert: Gemeinsam mit ihrer Freundin forderte sie von der Direktorin Übungsstunden, um sich für den Wettbewerb qualifizieren zu können.

Erstes Mädchen in der iranischen Mathematik-Nationalmannschaft

Die Direktorin wusste, dass noch nie ein Mädchen den Sprung in die sechsköpfige iranische Mathematik-Nationalmannschaft geschafft hatte - doch sie unterstützte die beiden. Mit Erfolg: 1994 waren erstmals zwei Mädchen im iranischen Team und Mirzakhani holte mit 41 von 42 möglichen Punkten auf Anhieb eine Goldmedaille. Ein Jahr später erreichte sie sogar die volle Punktzahl.

Ob Aufgaben von Mathematikolympiaden eine gute Schule fürs Mathematikerleben sind, ist durchaus umstritten. Denn sie haben meist eine elegante Lösung, welche Top-Talente binnen ein, zwei Stunden finden. In der mathematischen Forschung geht es anders zu. Mancher verbeißt sich jahrelang in ein Problem und geht viele Irrwege. Nicht immer findet er eine Lösung.

Mirzakhani ist das bislang oft gelungen. Vielleicht liegt es daran, dass sie sich mit viel Mut und Optimismus besonders schwierigen Problemen widmet, wie ihre Kollegen berichten. "Ich lasse mich nicht so schnell entmutigen", sagt sie dem Magazin "Quanta" . "Ich bin eben zuversichtlich, dass es klappt."

Heute ist die 37-jährige Iranerin Professorin an der renommierten Stanford University. Ihr Doktorvater Curtis McMullen, Professor an der Harvard University und selbst Fields-Medaillist, ist fasziniert von ihrer Persönlichkeit: "Sie besitzt einen unerschrockenen Ehrgeiz".

Mirzakhani beschäftigt sich mit Topologie und algebraischer Geometrie. In dieser speziellen Geometrievariante gelten andere Regeln, als wir sie aus dem Schulunterricht kennen. Gekrümmte Linien zwischen zwei Punkten können beispielsweise kürzer sein als Geraden. Mirzakhani hat unter anderem geschlossene Kurven auf hyperbolischen Flächen untersucht, deren Länge sich kurioserweise nicht ändert, wenn man sie verformt.

Auf der Pressekonferenz nach der Verleihung der Fields-Medaille fragt jemand, wann endlich mehr Frauen in die Riege der Top-Mathematiker aufrücken. "Das braucht Zeit", sagt Mirzakhani. Es gebe immer mehr Studentinnen und immer weniger Vorurteile, mit denen Mädchen und Frauen zu kämpfen hätten. Letztlich brauche man vor allem Geduld. "Ich bin mir sicher, dass immer mehr Frauen bis an die Spitze kommen."

Die Wiedergabe wurde unterbrochen.
Merkliste
Speichern Sie Ihre Lieblingsartikel in der persönlichen Merkliste, um sie später zu lesen und einfach wiederzufinden.
Jetzt anmelden
Sie haben noch kein SPIEGEL-Konto? Jetzt registrieren