Maul- und Klauenseuche in England Virus soll aus einem Labor stammen
London Wie das Umweltministerium gestern Abend mitteilte, gleicht der auf dem Bauernhof festgestellte Erregerstamm dem in einem nahe gelegenen Forschungslabor. Diesen Stamm gebe es bei Tieren normalerweise nicht, sagte die britische Chef-Veterinärin Debby Reynolds.

Sperrgebiet: Überprüfung der Sicherheitsvorkehrungen angeordnet
Foto: DPAEinen eindeutigen Beleg, dass das Labor wirklich der Herd der Infektion sei, gebe es allerdings noch nicht, räumte sie ein. Der gefundene Erregerstamm werde in Forschungslabors weltweit und bei der Herstellung von Impfstoffen verwendet. Er sei, "soweit gegenwärtig bekannt, nicht in jüngster Zeit an Tieren festgestellt worden".
Notfallplan für ganz Großbritannien
Das Virus kann auf verschiedenen Wegen übertragen werden, durch die Luft oder auch an Autoreifen. Das Labor liegt nur wenige Kilometer von der betroffenen Farm entfernt. Reynolds ordnete eine dringliche Überprüfung der Sicherheitsvorkehrungen auf dem Hof und in dem Labor an. Zusätzlich zur Sperrzone um die Farm wurde eine Überwachungszone im Zehn-Kilometer-Radius eingerichtet, die auch das Labor umfasst.
Darüber hinaus werden weiterhin auch illegale Tiertransporte als Übertragungsweg in Betracht gezogen. Auch Sabotage sei denkbar.
Die Erkrankung der Tiere auf dem Hof in Surrey war am Freitag entdeckt worden. Darauf trat sofort ein Notfallplan in Kraft, in dessen Rahmen die 60 Tiere des Betriebes im Laufe des Samstag getötet und verbrannt wurden. Auch der Bestand eines Nachbarhofes wurde als Vorsichtsmaßnahme getötet. Außerdem besteht ein Transportverbot für Schafe, Rinder und Schweine, um ein Ausbreiten der Seuche zu verhindern. Zahlreiche Agrarmessen und Tierausstellungen wurden abgesagt. Die britische Regierung nahm überdies eine für Montag erwartete Entscheidung der EU vorweg und verhängte einen Ausfuhrstopp für britisches Rindfleisch.
Weitere Verdachtsfälle nicht bestätigt
Die Seuche kann nach der Infektion erst nach drei bis sechs Tagen festgestellt werden. Weitere Erkrankungen gebe es aber bislang nicht, versicherte Chef-Veterinärin Reynolds in einem Interview mit dem Fernsehsender Sky News. Es habe Berichte über mögliche weitere Fälle gegeben, aber in keinem Fall habe sich der Verdacht bestätigt. Die Briten fürchten eine ähnliche Epidemie wie 2001, als 6,5 bis 10 Millionen Tiere wegen der Maul- und Klauenseuche getötet werden mussten. Der wirtschaftliche Schaden betrug damals umgerechnet rund 12,6 Milliarden Euro.
In Deutschland reagierten die Behörden auf die Seuche mit zusätzlichen Kontrollen. Fünf Tiertransporte, die in den vergangenen 30 Tagen aus Großbritannien nach Deutschland gekommen sind, würden überprüft, sagte ein Sprecher des Landwirtschaftsministeriums dem "Tagesspiegel am Sonntag". "Es geht um einen Rindertransport und fünf Schaftransporte, die aber alle nicht aus dem Gebiet stammten, in dem nun die Maul- und Klauenseuche ausgebrochen ist." Dennoch würden diese Tiere nun untersucht.
In mindestens zwei Bundesländern, in Hessen und in Rheinland-Pfalz, wurden einige Bauernhöfe für die nächsten Tage gesperrt. Solange die Sperre besteht, dürfen Tiere dort nicht hinein- oder heraustransportiert werden. Die betroffenen Höfe hatten Schafe aus einem britischen Betrieb, der sich rund 150 Kilometer von der Ausbruchstelle der Seuche befindet, importiert. Die Tiere würden nun beobachtet und auf Auffälligkeiten untersucht, hieß es aus dem hessischen Umweltministerium.
Der jetzige MKS-Ausbruch ist nach britischen Angaben der erste in Europa, seit sich die Seuche Ende Februar 2001 von einem Viehzuchtbetrieb aus auf ganz England sowie auf Teile Frankreichs und die Niederlande ausgedehnt hatte.
mik/afp/ddp/dpa