Mediziner-Warnung Cola klaut dem Körper Kraft

Wer exzessiv Cola trinkt, schadet seiner Gesundheit, weil die Koffeinbrause dem Körper Kalium entzieht und schlimmstenfalls lebensbedrohliche Muskellähmungen auslöst. Forscher haben jetzt solche extremen Fälle beschrieben - und halten sie für weit verbreitet.

Cola war noch nie als gesundes Getränk bekannt - doch was Mediziner jetzt herausgefunden haben, dürfte manchen Verehrer der zuckersüßen Brause nachdenklich stimmen. Sie kann demnach nicht nur die bekannten Probleme wie Karies, Knochenschwund, Stoffwechselstörungen und Zuckerkrankheit verursachen.

"Die Hinweise verdichten sich, dass exzessiver Cola-Konsum auch zu Hypokaliämie führen kann", sagt Moses Elisaf, Internist an der Universität im griechischen Ioannina. "Der Kaliumgehalt des Blutes sinkt, lebenswichtige Muskelfunktionen sind gefährdet." Die Symptome können von Müdigkeit bis hin zu weitreichenden, potentiell lebensbedrohlichen Lähmungen führen, schreiben Elisaf und Kollegen im "International Journal of Clinical Practice" . Die gute Nachricht: Cola-Abstinenz und die gleichzeitige Einnahme von Kalium-Präparaten hätten bei allen Patienten zu einer schnellen und vollständigen Erholung geführt.

Die Fälle, die in dem Fachbeitrag aufgezählt werden, lesen sich spektakulär. Eine 21-jährige Frau etwa habe rund drei Liter Cola pro Tag getrunken und über Müdigkeit, Appetitverlust und permanentes Erbrechen geklagt. Außerdem habe man bei ihr Herzprobleme und einen niedrigen Kaliumgehalt im Blut festgestellt. Eine weitere Frau habe sogar bis zu sieben Liter Cola pro Tag getrunken - und zwar über zehn Monate. Sie landete mit Muskelschwäche und ebenfalls sehr niedrigen Kaliumwerten im Krankenhaus.

Den Vogel abgeschossen habe jedoch ein australischer Straußenzüchter, wie der US-Mediziner Clifford Packer in einem begleitenden Kommentar  schreibt: Drei Jahre lang habe der Mann rund vier Liter Cola pro Tag getrunken, bei einem Trip in den Outback seien es dann zehn Liter pro Tag gewesen. Am Ende seien seine Lungen teilweise gelähmt gewesen.

Keine extremen Einzelfälle

Die Mediziner warnen davor, diese Beispiele als extreme Einzelfälle abzutun, wie sie nahezu täglich in der Welt der Medizin auftauchen. Im Jahr 2007 seien weltweit 552 Milliarden Liter Softdrinks getrunken worden - das seien knapp 83 Liter pro Kopf. Bis 2012 werde dieser Wert Schätzungen zufolge auf 95 Liter ansteigen. In den USA liege der jährliche Pro-Kopf-Verbrauch an Softdrinks schon jetzt bei 212 Litern.

Deshalb, so schreiben die Mediziner im "International Journal of Clinical Practice", dürfte auch der Cola-induzierte Kaliummangel mit seinen teils gefährlichen Folgen verbreitet sein. "Wir haben allen Grund anzunehmen, dass das nicht selten ist", betont Packer.

Das Problem: Die Symptome könnten nur schwierig mit Cola-Genuss in Verbindung gebracht werden. Packer selbst berichtet, wie ihm bei einem Muskelschwäche-Patienten die Ursache der Symptome erst dämmerte, als der Betroffene mit einer Zwei-Liter-Flasche Cola im Gepäck auftauchte. Die Einschränkung des Konsums habe anschließend zu deutlicher Besserung geführt.

Wie viel ist zu viel?

Der griechische Mediziner Elisaf glaubt, dass der gefährliche Kaliummangel durch die drei gebräuchlichen Cola-Inhaltsstoffe Zucker (Glukose), Fruchtzucker (Fruktose) und Koffein verursacht wird. Welche Rolle die einzelnen Substanzen genau spielen, sei noch nicht genau geklärt. "Koffeinvergiftung scheint aber der wichtigste Faktor zu sein", so Elisaf. Darauf deuteten Fallstudien hin, bei denen die Wirkung von anderen Produkten mit viel Koffein, aber ohne Zucker und Fruchtzucker beobachtet wurde.

Elisaf warnt zugleich davor, nun einfach zu koffeinfreier Cola zu greifen. Denn auch sie könne bei exzessivem Konsum Kaliummangel auslösen - "weil der Fruchtzucker, den sie enthält, Durchfall verursachen kann". Die Folgen des Kaliummangels können übel sein: "Zwar erholen sich die meisten Patienten, wenn sie keine Cola mehr trinken und Kaliumpräparate nehmen", erklärt Elisaf. Doch chronischer Kaliummangel könne sie "anfällig machen für potentiell tödliche Komplikationen wie etwa Herzrhythmusstörungen". Nun gelte es, das Phänomen genauer zu erforschen. "Wir müssen herausfinden, wie viel zu viel ist."

mbe

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