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Daten-Animation Weltkarte zeigt Wanderung der Klugen und Mächtigen

Wohin zog es die ersten Päpste, wohin Künstler wie Marilyn Monroe und Jim Morrison? Eine beeindruckende Animation zeigt, wo die Mächtigen und Kreativen in den vergangenen 2000 Jahren geboren und gestorben sind.

Alle Wege führten nach Rom. Zumindest galt das für den Beginn des ersten Jahrtausends unserer Zeitrechnung. Das zeigt ein spektakuläres Video, mit dem eine Arbeitsgruppe um Maximillian Schich von der University of Texas in Dallas die weltweiten Migrationsbewegungen kulturell bedeutender Persönlichkeiten visualisiert hat.

Zu Anfang leuchtet auf der sonst dunklen europäischen Landkarte nur ein einziger Punkt hell und klar: Rom. Erst nach und nach tauchen aus dem Dunkel der Geschichte weitere Punkte auf. Paris wird heller und heller, auch London strahlt auf, und schließlich zielt ein zunehmend breiterer Lichtstrahl vom europäischen Kontinent Richtung Nordamerika.

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Daten-Visualisierung: Wo die Klugen und Mächtigen sterben

Foto: Maximilian Schich/ Mauro Martino

Hinter diesen Lichtpunkten stecken 150.000 Einzelschicksale. Die Forscher suchten sie aus der offenen Datenbank Freebase , dem General Artist Lexicon und der Getty Union List of Artist Names zusammen. Jeden Menschen, der in den vergangenen rund 2000 Jahren kulturell von Bedeutung war, nahmen sie mit Geburts- und Sterbedatum in ihre Datensammlung auf. Je heller ein Punkt auf ihrer Karte leuchtet, desto mehr bedeutende Persönlichkeiten hauchten dort also zum jeweiligen Zeitpunkt ihr Leben aus.

Lichtpunkte für Kaiser, Päpste und Popstars

"Die Studie zeichnet ein erstaunlich umfassendes Bild der kulturellen Interaktion zwischen Europa und Nordamerika, das sonst nur erfasst werden kann, wenn man Unmengen von Literatur sichtet oder eigenständige Datenmengen kombiniert", erklärt Schich in einer Pressemitteilung. Der Aufsatz erscheint heute in der Zeitschrift "Science" . Wie umfassend die Karte ist, zeigt sich an der Bandbreite der Persönlichkeiten. Die römischen Kaiser und die ersten Päpste haben darin ebenso ihre eigenen Lichtpunkte wie Marilyn Monroe und Jim Morrison.

Dass zu Beginn des ersten Jahrtausends nach Rom zog, wer Rang und Namen hatte, mag zwar ebenso wenig erstaunen wie der Umstand, dass in den vergangenen Jahrzehnten die meisten Schauspieler in Hollywood starben. Richtig spannend aber wird die Migrationskarte im Detail. So scheinen zum Beispiel Ruhm und Reichtum nicht automatisch zusammenzufallen: Oft sind die kulturellen Zentren ihrer Zeit nicht identisch mit denen von Handel und Wirtschaft.

Wie und wo die Denker lebten, variiert innerhalb stark: In Frankreich beispielsweise kann offenbar gesellschaftlich nur brillieren, wer nach Paris zieht. Wie ein riesiger Magnet zog die Stadt an der Seine schon immer alles intellektuelle und künstlerische Schaffen des Landes an sich.

Deutschland ohne klares Zentrum

In Deutschland dagegen konkurrierten durch die Jahrhunderte Berlin, München, Hamburg und Köln mit Heidelberg oder Leipzig um die klugen Köpfe der Nation. "Frankreich ist charakteristisch für ein 'Dem-Sieger-gehört-alles'-Regime", schreiben die Forscher in ihrer Studie, "während in Deutschland keine Stadt jemals mehr als 19 Prozent der bedeutenden Persönlichkeiten des Landes anlocken konnte."

Erstaunlich ist, dass selbst die Entdeckung Amerikas oder später die zunehmende Vereinfachung des Reisens keinen allzu großen Einfluss auf die durchschnittliche Distanz hatten, die zwischen Geburts- und Sterbeort eines prominenten Menschen liegt. Im 14. Jahrhundert, noch bevor Columbus auf den Bahamas landete, betrug diese Strecke im Schnitt 214 Kilometer. Im 21. Jahrhundert war sie mit 382 Kilometern nicht einmal doppelt so groß.

Das bedeutet: Selbst berühmte Persönlichkeiten hauchen ihr Leben heute nicht weiter von ihrem Geburtsort entfernt aus, als es mit dem Auto von Bremen nach Berlin ist. Am stärksten an der Heimat hingen die Kreativen und Mächtigen offenbar im 17. Jahrhundert. Da lagen im Schnitt gerade mal eben 135 Kilometer zwischen Geburts- und Sterbeort.

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