Mikroplastik in Meeresfrüchten Frutti di Plastik

Jedes Jahr gelangen Millionen Tonnen Plastikmüll in unsere Ozeane: Mittlerweile gelangt Plastik zurück in unsere Nahrungskette
Foto: Tunatura / iStockphoto / Getty ImagesBei sommerlichen Temperaturen in Südfrankreich am Meer sitzen und eine Platte Frutti di Mare und Weißwein bestellen. Klingt romantisch, solange man die Studie der australischen Forscher der University of Exeter und der University of Queensland nicht gelesen hat.
Die kann einem den Spaß am Verzehr von Meerestieren gründlich verderben. Auf einem lokalen Fischmarkt in einem australischen Küstenort kauften die Wissenschaftler erst einmal richtig ein: Austern, Garnelen, Tintenfische, Krabben und Sardinen. Alles, was zu einer richtigen Meeresfrüchte-Platte dazugehört.
Allerdings verspeisten sie die Meerestiere nicht, sondern untersuchten die Ware auf ihren Plastikgehalt. Die Sardinen enthielten die höchste Gesamtkonzentration an Kunststoff mit 2,9 Milligramm, der Tintenfisch die niedrigste mit 0,04 Milligramm. Alle Proben waren positiv, keine einzige plastikfrei. Dabei konnten die Wissenschaftler gleich fünf verschiedene Kunststofftypen gleichzeitig erkennen und messen.
Alle Plastikrückstände werden üblicherweise in Kunststoffverpackungen und synthetischen Textilien verwendet. Sie sind laut der Studie häufig in Meeresmüll enthalten. "Unsere Ergebnisse zeigen, dass die Anreicherung von Kunststoff zwischen den Arten stark variiert", heißt es im Fazit der Studie, die im Fachmagazin "Environmental Science & Technology" erschienen ist.
30 Milligramm Plastik pro Sardinenteller
"Ein Fischesser könnte rund 0,7 Milligramm Plastik zu sich nehmen, wenn er eine durchschnittliche Portion Austern oder Tintenfisch zu sich nimmt - und sogar bis zu 30 Milligramm Plastik, wenn er Sardinen isst", sagt die Hauptautorin Francisca Ribeiro. "Zum Vergleich: 30 Milligramm ist das Durchschnittsgewicht eines Reiskorns."
Die Forscher bestimmten den Plastikgehalt mit einer neuen Methode: Die Meerestierproben seien erst in einer alkalischen Flüssigkeit aufgelöst worden, aus der dann der Kunststoff extrahiert und dann mittels einer chemischen Analyse bestimmt worden sei. In vorhergehenden Studien seien die Bestimmungen von Mikroplastik in Fisch und Meerestieren viel zu ungenau gewesen, bemängeln die Studienautoren.
Als Mikroplastik gelten Teilchen mit einem Durchmesser unter fünf Millimetern. Solche winzigen Partikel wurden unter anderem bereits in Schnee, Lebensmitteln und Trinkwasser nachgewiesen.
Wie schädlich ist Mikroplastik?
Ob und wie Mikroplastik den Meerestieren schadet, ist bisher kaum untersucht. Beobachtet wurden Schäden oder Veränderungen im Stoffwechsel der Tiere, die sich auf die Lebenserwartung und die Fortpflanzung auswirken, so die Studie.
Die Forscher rätseln ebenfalls noch, was mit dem menschlichen Organismus passiert, wenn er regelmäßig Mikroplastik aufnimmt. "Wir verstehen die Risiken für die menschliche Gesundheit durch die Einnahme von Kunststoff bisher nicht vollständig, aber diese neue Methode wird es uns leichter machen, dies herauszufinden", hofft die Co-Autorin Tamara Galloway.
In bisherigen Studien wurden Versuche mit Mikroplastik vor allem mit Ratten und Mäusen durchgeführt. Ihre Ergebnisse lassen sich nicht direkt auf den Menschen übertragen. Zudem wurden die Versuchstiere oft extrem hohen Plastikkonzentrationen ausgesetzt, die Menschen nur schwer erreichen.
Schätzungen zufolge nimmt jeder Europäer, der häufig Meeresfrüchte konsumiert, im Schnitt 11.000 Mikroplastikpartikel pro Jahr auf.
Plastikmüll gelangt jedes Jahr in riesigen Mengen in den Ozean. Allein in Deutschland gelangen nach Schätzungen von Umweltorganisationen jährlich 330.000 Tonnen Mikroplastik in die Umwelt.