Militärregime Satellitenbilder belegen Grausamkeiten in Burma

Das Regime in Burma tut alles, um den Informationsfluss in die Außenwelt zu blockieren. Doch gegen die Beobachtung aus dem All ist die Junta machtlos: Satellitenbilder zeigen Experten zufolge, wie das burmesische Militär gegen seine Gegner vorgeht.

Washington - Niedergebrannte Dörfer, zehntausende Vertriebene und ein allgegenwärtiges Militär: Immer wieder dringen vereinzelte Augenzeugenberichte über die grausamen Zustände aus Burma in die westliche Welt. Von unabhängiger Seite bestätigt werden sie aber fast nie - zu fest hat das Militärregime das Land im Griff; Dissidenten müssen um ihr Leben fürchten. Angesichts der aktuellen Unruhen hat die Regierung offenbar sogar den Zugang zum Internet unterbrochen.

Jetzt aber ist es der American Academy for the Advancement of Science (AAAS) gelungen, Berichte der Regimegegner zu belegen. Die AAAS, größter Forscherverband der Welt und Herausgeber des renommierten Fachblatts "Science", hat heute eine Reihe von Satellitenbildern veröffentlicht. Sie liefern nach Angaben von Experten klare Beweise dafür, dass Berichte über Menschenrechtsverletzungen in Burma authentisch sind.

AAAS-Forscher Lars Bromley hat rund 70 solcher Berichte aus dem östlichen Burma untersucht, die sich auf den Zeitraum zwischen Mitte 2006 und Frühjahr 2007 beziehen. 31 davon ließen sich anhand von Geheimdienst-Informationen präzise lokalisieren, und an 25 dieser Orte hätten die Satellitenfotos "handfeste Belege" für Menschenrechtsverletzungen erbracht. Entweder konnten aktuelle Fotos mit älteren verglichen werden, oder die Bilder zeigten auch ohne Vergleichsdaten "klare Anzeichen von Zerstörungen".

"18 Dörfer einfach verschwunden"

"Wir haben Hinweise darauf gefunden, dass 18 Dörfer einfach verschwunden sind", sagte Bromley. Ende April habe man Berichte darüber erhalten, dass in der burmesischen Provinz Karen Dörfer niedergebrannt worden seien. "Und tatsächlich könnten wir Brandmale am Boden sehen." Es habe sich um rechteckige Spuren von der Größe von Häusern gehandelt. Ein besonders eindrucksvolles Bilderpaar aus der Provinz Shan zeige eine aus 24 Gebäuden bestehende Siedlung. Im Jahr 2000 war sie nach Angaben der AAAS intakt, sieben Jahre später seien fast alle Häuser entweder vollständig zerstört oder schwer beschädigt gewesen.

Man habe auch Hinweise gefunden, die den Verdacht von Zwangsumsiedlungen nährten. "In einem Gebiet haben wir ein Militärlager entdeckt, in dessen Umgebung innerhalb von fünfeinhalb Jahren rund 30 Dörfer entstanden sind", sagte Bromley. Falls kein "unglaublicher Baby-Boom" oder ein zielgerichtetes Entwicklungsprogramm der Grund dafür gewesen seien, komme als "logischer Kandidat" eine Zwangsumsiedlung in Frage.

Satelliten-Technik schon in Darfur und Simbabwe erfolgreich

Die AAAS hatte die Satelliten-Technologie bereits in anderen Krisengebieten eingesetzt, um Menschenrechtsverletzungen zu dokumentieren. In Darfur zeigten die Bilder aus dem All ganze Landstriche, die von niedergebrannten Dörfern und Flüchtlingslagern übersät waren. Auch in Simbabwe hat die AAAS so die Folgen von Vertreibungen, Massakern und Kriegsvorbereitungen belegt.

Burma ist laut Bromley allerdings schwieriger aus dem All zu beobachten als Darfur oder Simbabwe. Das asiatische Land werde nur selten von Satelliten überflogen und liege oft unter einer dichten Wolkendecke. Zudem lasse der schnell wachsende Wald in vielen Landesteilen die Beweise für Gewalttaten binnen kurzer Zeit verschwinden.

Die derzeit verfügbaren Bilder kommerzieller Satelliten reichen laut Bromley auch nicht aus, um die Vorgänge in Krisenregionen in Echtzeit abzubilden. Den Experten bleibe nichts anderes übrig, als Berichte zu prüfen und die Grausamkeiten zu zählen.

Regierungen wie etwa die der Vereinigten Staaten besäßen die Satelliten-Informationen über Menschenrechtsverletzungen in Burma wahrscheinlich schon seit langem, vermutet Bromley. Doch möglicherweise sei Geheimhaltung wichtiger als das Einklagen von Menschenrechten. "Wenn das Außen- oder das Verteidigungsministerium auf den Satellitenbildern solche Gräueltaten sehen - könnten sie überhaupt darüber sprechen?"

An Anklagen von US-Politikern außerhalb der Regierung mangelt es freilich nicht. Erst in diesem Jahr bezeichnete die US-Senatorin Dianne Feinstein Burma als "ein Land, in dem 3000 Dörfer zerstört wurden, 1300 politische Gefangene existieren, 70.000 Kindersoldaten zwangsrekrutiert und 500.000 Menschen vertrieben wurden". Der US-Botschafter Jackie W. Sanders warf Burmas Regime systematische Vergewaltigungen insbesondere von Angehörigen ethnischer Minderheiten vor.

mbe/rtr

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