Möglicher Durchbruch in Durban Arme Länder können auf Klimagelder hoffen

Aktivisten des WWF: 120 Staaten fordern Fortschritte beim Klimaschutz
Foto: Rajesh Jantilal/ dpaNach harten Verhandlungen stehen die Delegierten auf der Uno-Klimakonferenz im südafrikanischen Durban kurz vor einer Einigung über den Grünen Klimafonds (GCF). Wie ein an den Konsultationen beteiligter Delegierter SPIEGEL ONLINE sagte, hat die zuständige Arbeitsgruppe das Ergebnis ihrer Verhandlungen an die Minister weitergegeben. Man habe bereits über die technischen Details wie den Standort des Fonds, die Berufung des Direktors und die genaue Finanzierung verhandelt.
Allerdings habe Saudi-Arabien in letzter Sekunde einen einstimmigen Beschluss verhindert. Nun müssten am Freitag die Minister im Plenum die endgültige Entscheidung treffen. Mehrere Beobachter waren sich am Donnerstagabend aber einig, dass das Plenum den GCF dennoch durchwinken wird - notfalls auf dieselbe Art, wie der Beschluss des Klimagipfels von Cancún Ende 2010 zustande kam. Damals leistete Bolivien bis zuletzt Widerstand, sein Einspruch wurde letztendlich übergangen.
Die ärmeren Staaten knüpften ihre Zustimmung zum GCF inzwischen nicht mehr an die Bedingung, dass die Konferenz zugleich eine Fortschreibung des Kyoto-Protokolls beschließt, sagte der Delegierte. Beobachter hatten zuvor befürchtet, dass einige vom Klimawandel besonders bedrohte Staaten die Konferenz platzen lassen könnten, sollte es keine Einigung in beiden Fragen geben. Unklar war, inwieweit wichtige Details des Hilfsfonds bereits geklärt waren. Insbesondere die finanzielle Ausstattung war bisher eine strittige Frage.
Der GCF soll armen Ländern Geld im Kampf gegen Treibhausgas-Emissionen und Klimawandel-Folgen zur Verfügung stellen. Die Industrienationen sagten vor zwei Jahren auf dem Gipfel von Kopenhagen zu, den Entwicklungsländern von 2020 an jährlich insgesamt 100 Milliarden Dollar zur Verfügung zu stellen. Ein großer Teil dieser Gelder soll durch den GCF fließen. Ihn arbeitsfähig zu machen, galt als einziger konkreter Erfolg, der in Durban denkbar war. Letzteres dürfte die wohl größte Hürde werden.
Jahrelange Klimaschutz-Lücke droht
Auf eine Fortschreibung des Kyoto-Klimaschutzprotokolls, dessen erste Phase 2012 endet, macht sich indes kaum jemand mehr Hoffnungen. Klar scheint schon jetzt, dass eine jahrelange Lücke zwischen dem Ende der ersten Kyoto-Phase und einer möglichen zweiten klaffen wird, wie groß sie am Ende sein wird, ist offen. Strittig ist insbesondere, ob und für welche Staaten die künftigen Klimaschutz-Verpflichtungen rechtlich verbindlich sein werden. "Die Frage ist weiterhin auf dem Tisch", sagte Bundesumweltminister Norbert Röttgen (CDU) am Donnerstagabend. Eine Annäherung gebe es nicht.
Dennoch versuchen die Unterhändler, den Druck auf die Verweigerer zu erhöhen. Die EU übt jetzt den Schulterschluss mit armen Ländern - in der Hoffnung, die Front der Verweigerer doch noch aufzuweichen. Am Nachmittag traten mehrere Minister aus EU- und Entwicklungsländern zu einem Ad-hoc-Statement vor die Kameras. Verkündet wurde dabei ein Bündnis aus der EU, der Gruppe der afrikanischen Länder, der Allianz kleiner Inselstaaten (Aosis) und der Gruppe der am wenigsten entwickelten Länder (LDC).
In Durban hätten rund 120 Staaten "hohe Ambitionen" für den Klimaschutz, sagte Röttgen. "Das ist die große, große Mehrheit dieser Konferenz." Das Problem: Unter den anderen 74 Staaten, die an dem Treffen teilnehmen, sind Staaten wie die USA, China, Russland, Brasilien und Indien. Die Verweigerer-Front bringt dadurch mindestens so viel politisches und wirtschaftliches Gewicht auf die Waage wie die Koalition der 120 Willigen.
Die Vorstellung des neuen Bündnisses sei ein politischer Appell gewesen, erklärte Röttgen später. "Er richtet sich an die großen Treibhausgas-Emittenten außerhalb der europäischen Union", sagte er mit Blick auf Länder wie die USA, China und Indien. Dies seien "die Adressaten, die wir zu einer Lösung brauchen". Allerdings sei es auch legitim, den politischen Appell als Hilferuf zu interpretieren. "Für Länder wie Gambia, Mali oder Inselstaaten ist der Klimawandel real und in der Gegenwart eine Frage von Leben und Tod", sagte Röttgen.
Doch die Vorstellungen der USA oder der "Basic"-Gruppe, die aus Brasilien, Südafrika, Indien und China besteht, sind noch weit entfernt von denen der EU und ihrer neuen Bündnispartner. Das gilt laut Röttgen insbesondere für den Zeitplan und die rechtliche Verbindlichkeit des internationalen Klimaschutzes. Was die einzelnen "Basic"-Staaten in diesen Kernfragen anböten, sei "ziemlich ähnlich - nämlich ziemlich wenig".