Mongolei Dschingis Khans Palast entdeckt

Archäologen glauben, den Palast Dschingis Khans gefunden zu haben. Die wahre Sensation aber steht noch aus: die Entdeckung der Grabstätte des Mongolenkönigs und seiner mächtigen Nachkommen, deren Überreste allesamt in der Nähe des Palast-Areals liegen sollen.

Das Grab von Dschingis Khan gehört zu den meistgesuchten archäologischen Schätzen der Welt. Ein Forscherteam aus Japan und der Mongolei hofft, die letzte Ruhestätte des Eroberers nun endlich zu finden - in den Ruinen seines Palastes, die jetzt in der mongolischen Steppe entdeckt wurden, 250 Kilometer westlich der mongolischen Hauptstadt Ulan Bator.

Die Wissenschaftler zeigten sich überzeugt, dass es sich bei den Ruinen tatsächlich um den Palast Dschingis Khans handelt. Porzellan, das zwischen den Gebäuderesten entdeckt wurde, stamme aus der Zeit des Herrschers, der die verfeindeten Mongolenstämme im Jahr 1206 einte und später ein Großreich schmiedete. "Auch eine Beschreibung des Palastes und seiner Umgebung, die 1232 von einem Boten der südchinesischen Tang-Dynastie verfasst wurde, passt zum Fundgebiet", sagte Shinpei Kato, emeritierter Professor der Kokugakuin-Universität in Tokio und Mitglied des Grabungsteams.

Dschingis Khan habe den Palast um 1200 in der Form eines einfachen Zeltes gebaut, das an vier hölzernen Säulen befestigt gewesen sei. Die Annahme, dass das Grab des Herrschers ganz in der Nähe liegt, stammt ebenfalls aus alten Texten. Sie besagen nach Angaben der Forscher, dass Hofbeamte täglich vom Palast zu Dschingis Khans Mausoleum pendelten, um Totenrituale durchzuführen.

Den mittelalterlichen Schriften zufolge ist Dschingis Khan nicht der einzige tote Potentat, der in der Nähe des Palastes begraben liegt. 13 oder 14 seiner Nachkommen, unter ihnen Dschingis Khans Enkel Kublai Khan, sollen an gleicher Stelle bestattet worden sein. Dschingis Khan, der um 1160 geboren wurde und 1227 starb, eroberte weite Teile Zentralasiens und Nordchinas. Schon zu seinen Lebzeiten erstreckte sich sein Herrschaftsgebiet von der asiatischen Pazifikküste bis ans Kaspische Meer. Seine Nachkommen bauten das Reich so weit aus, dass es zeitweise von China bis nach Ungarn reichte. Kublai Khan etwa eroberte gegen Ende des 13. Jahrhunderts den Staat der südlichen Sung-Dynastie, einigte China und wurde erster Kaiser der Yuan-Dynastie.

"In jener Zeit muss zwischen Ost und West ein starker kultureller und wirtschaftlicher Austausch stattgefunden haben", glaubt Kato. "Wenn wir die Grabbeigaben Dschingis Khans finden, können wir eine neue Seite in den Büchern der Weltgeschichte schreiben."

Allerdings bliebe eine solche Grabungsaktion nicht ohne Schwierigkeiten, da nach mongolischer Tradition das Stören einer Begräbnisstätte die Seele des Toten vernichten kann. Was aus westlicher Sicht abergläubisch erscheinen mag, hatte für Archäologen bereits reale Konsequenzen. So wurde 2002 eine amerikanisch finanzierte Expedition zu Dschingis Khans Grab gestoppt, nachdem ein prominenter mongolischer Politiker von der drohenden Entweihung des Herrschergrabes gesprochen hatte. 1993 mussten japanische Archäologen die Suche nach dem Grab abbrechen: Eine Umfrage in Ulan Bator hatte ergeben, dass eine Ausgrabung nicht besonders populär wäre.

Auf entsprechend leisen Sohlen bewegt sich der Japaner Kato über das Feld der Forschung: Sollte sein Team die Gräber von Dschingis Khan und seinen Nachkommen finden, werde er natürlich seinen mongolischen Kollegen die Entscheidung über weitere Schritte überlassen. "Die Ausgrabung sollte von Mongolen durchgeführt werden, nicht von uns, die wir aus anderen Ländern stammen."

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