Ökobilanz Regionale Äpfel sind nicht automatisch klimafreundlich

Auch wenn es paradox erscheint: Wer regional erzeugte Äpfel den Import-Äpfeln aus dem Ausland vorzieht, schützt nicht automatisch das Klima. Wie Forscher nun herausgefunden haben, ist die Transportentfernung kaum entscheidend. Wichtiger sind andere Kriterien.

Gießen - Äpfel aus dem Alten Land oder lieber aus Argentinien? Für viele ist das eine Gewissensfrage. Nicht nur wegen des Geschmacks, sondern auch aus ökologischen Gründen. Was um die halbe Welt in den Supermarkt ums Eck geschickt wird, das kann klimaschutztechnisch doch nur problematisch sein, oder? Doch so einfach liegen die Dinge nicht, wie eine am Donnerstag veröffentlichte Studie der Universität Gießen belegt.

Das Fazit der Forscher: Der Energieaufwand für Anbau, Ernte und Transport hängt nicht von der Entfernung zum Markt ab, sondern von der Betriebsgröße. Produkte aus kleineren Betrieben könnten dabei bis zu fünfmal mehr Energie verbrauchen als solche aus größeren Betrieben. Studienleiter Elmar Schlich, Professor für Prozesstechnik an der Uni Gießen, untersuchte für seine Studie Tafeläpfel in den deutschen Anbauregionen Bodensee, Rheinhessen und Niederelbe. Dabei zeigte sich, dass vor allem der Transport der Äpfel in kleineren Betrieben aufwendiger ist, weil die Fahrzeuge kleiner sind.

Zudem verfügten kleinere Betriebe nicht über eigene Kühlhäuser, so dass die Ware in externe Kühlhäuser transportiert werden müsse. Bei Betrieben mit einer Jahresproduktion von mehr als 1000 Tonnen Tafeläpfeln beträgt demnach der Energieaufwand nur 0,1 Kilowattstunden pro Kilogramm, wobei 40 Gramm Kohlendioxid pro Kilo freigesetzt werden. Betriebe, die weniger als 200 Tonnen Äpfel erzeugen, verbrauchen dagegen bis zu 0,5 Kilowattstunden pro Kilo und erzeugen dabei bis zu 200 Gramm CO2 pro Kilo.

Die beim Import von Äpfeln verbrauchte Energie sei hingegen nicht entscheidend, da nach Deutschland eingeführte Äpfel überwiegend per Schiff ins Land gelangten. Die dabei verbrauchte Energiemenge sei in etwa so hoch, wie jene, die zur monatelangen Einlagerung deutscher Äpfel in Kühlhäusern benötigt werde.

"Insoweit gibt es keinen Grund, Äpfel globaler Herkunft wegen des angeblich so verschwenderischen Umgangs mit Energie oder wegen der vermuteten Klimaschädlichkeit anzuprangern", sagte Schlich. Den Erkenntnissen der Forscher zufolge werden fast 60 Prozent der in Deutschland jährlich verzehrten 1,6 Millionen Tonnen Tafeläpfel aus Südeuropa importiert. Weitere zehn Prozent kämen zur Deckung der saisonalen Lücke von der Südhalbkugel der Erde, also aus Argentinien, Neuseeland und Südafrika.

chs/AP/ddp

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