Patent vom Genie Techniker bauen Einsteins Kühlschrank
Mit einem relativ profanen Gegenstand wie einem Kühlschrank wird Albert Einstein gemeinhin nicht in Verbindung gebracht. In aller Stille hat das Physikgenie jedoch rund 50 technische Neuerungen erfunden, darunter auch eine Kältemaschine. "Einstein hat ganz genau darauf geachtet, nicht mit solch gewöhnlichen Sachen in Verbindung gebracht zu werden", sagt Wolfgang Engels, Mitglied der Arbeitsgruppe "Didaktik und Geschichte der Physik" an der Universität Oldenburg.
Der 49-Jährige muss es wissen: Gemeinsam mit einem ganzen Team aus Wissenschaftshistorikern baut er den Einstein-Kühlschrank nach, der 1926 zum Patent angemeldet worden war. Zwei Jahre später zeigte die Hamburger Firma Citogel einen ersten Entwurf auf der Technischen Messe in Leipzig. Anschließend verschwand die Erfindung in der Versenkung, ehe sie die Oldenburger wieder hervorholten.
Bei ihrer Arbeit werden Engels und seine Kollegen immer wieder mit dem genialen und mitunter auch gewitzten Geist des Erfinders konfrontiert. "Allein nach den Originalpatentschriften könnten wir das Gerät nicht nachbauen", hat Engels in monatelangem Tüfteln herausgefunden.
Großer Durst nach Alkohol und Wasser
Einstein habe alle Register gezogen, damit Patentdiebe ihm nicht sein geistiges Eigentum klauen. Und er wusste, was er tat: Von 1902 bis 1909 war Einstein Angestellter des Eidgenössischen Patentamts in Bern. "Die Daten und Maße stimmen hinten und vorne nicht", klagt Engels. So mussten die Oldenburger in mühseliger Kleinarbeit erst einmal das Funktionsprinzip unter Beweis stellen. "Diesen ersten Auftrag haben wir jetzt erfüllt."
Einsteins Kühlmaschine basiert demnach auf Ethanol als Betriebsmittel. Wenn dieser hochkonzentrierte Alkohol bei Unterdruck zum Siedepunkt gebracht wird und verdunstet, entsteht Kälte. "Wir haben schon Temperaturen von bis zu 20 Grad minus erreicht", sagt Engels. Nachdem damit der erste Teil des Unterfangens erfolgreich abgeschlossen wurde, beginnt jetzt mit dem Bau von Kühlaggregat und Kühlschrank die eigentliche Arbeit.
Kopfzerbrechen bereitet den Physikern noch ein passender Absorber zur Aufnahme gasförmiger Stoffe in Flüssigkeiten und eine spezielle Wasserstrahlpumpe zum Abtransport des verdampften Alkohols. Denn Einsteins Kühlschrank ist kein geschlossenes System. Laut Patentschrift verbraucht das Gerät pro Tag einen Liter reinen Alkohol und ein Vielfaches an Wasser. "Wir haben so viel Arbeit reingesteckt, jetzt will ich es auch endlich bauen", sagt Engels trotz aller Unwägbarkeiten.
Wenn die Wissenschaftler die technischen Voraussetzungen geschaffen haben, liegt die Hauptarbeit in der Mechanikwerkstatt und der Tischlerei der Universität. Dort wird das rund 1,50 Meter hohe Gehäuse gefertigt, das aus zwei Lagen Beton und einer Lage Kork besteht und somit mehr als 400 Kilogramm wiegt. Warum Einstein trotz der geringen Isolierfähigkeit ausgerechnet Beton verwandt hat, ist den Wissenschaftlern noch nicht klar. "Vielleicht waren es Kostengründe", mutmaßt Engels.
Apropos: Knapp 50.000 Euro kostet die Entwicklung des ersten funktionstüchtigen Einstein-Kühlschranks. Geldgeber ist das Max-Plack-Institut für Wissenschaftsgeschichte (MWI) in Berlin. Im Rahmen des Einstein-Jahres 2005 vergab das MWI den Prüfauftrag nach Oldenburg. Das Gerät soll in einer Einstein-Ausstellung im Kronprinzenpalais gezeigt werden, die am 12. Mai eröffnet wird. Wolfgang Engels ist guter Dinge: "Das wird klappen."
Normann Berg, ddp