Marathon-Experiment
Professor stirbt vor langersehntem Tropfen
Der längste Versuch der Welt soll beweisen, dass Pech sich zwar wie ein Feststoff anfühlt, aber keiner ist. Ein australischer Physiker hat das Experiment jahrzehntelang betreut - und ist nun verstorben, vermutlich kurz bevor es endlich tropft.
Hüter des Pechs: Physiker John Mainstone ist im Alter von 78 Jahren verstorben (Archivbild)
Foto: AFP /University of Queensland / Christian Aas
John Mainstone, früher Leiter des Fachbereichs Physik in der University of Queenland, ist tot. Der mittlerweile pensionierte Universitätsprofessor betreute mehr als ein halbes Jahrhundert lang den langwierigsten - und wie böse Zungen behaupten, auch langweiligsten - Labortest der Welt.
Der Versuch war 1927 von Professor Thomas Parnell gestartet worden. Er wollte mit dem sogenannten Pechtropfenexperiment nachweisen, dass Pech sich zwar wie ein Feststoff anfühlt und bei Raumtemperatur mit einem Hammer entzwei schlagen lässt, sich aber dennoch wie eine Flüssigkeit verhält.
Dazu wurde Pech in einen Glastrichter gefüllt. Es dauerte allerdings allein drei Jahre, bis sich das Pech, ein Derivat aus Teer, gesetzt hatte. Der Glastrichter wurde daraufhin geöffnet, damit das Pech hinausfließen kann.
Acht Tropfen in 83 Jahren
Tragisch ist, dass bislang noch kein Mensch einen Tropfen hat fallen sehen. John Mainstone, der bis zu seinem Tod Kurator des Experiments war, blieb sprichwörtlich vom Pech verfolgt. 1988, als der vorletzte Tropfen herangereift war, wollte er sich nur noch schnell einen Kaffee holen. Als er zurückkehrte, war es bereits geschehen. Und ausgerechnet an dem Tag im November 2000, als sich der achte und bislang letzte Pechtropfen löste, fiel die von ihm installierte Webcam aus.
In vergangenen 83 Jahren sind insgesamt nur acht Tropfen Pech nach unten getropft, was allerdings nie jemand beobachtet habe, teilte die Universität mit. Drei Webkameras sollen nun wenigstens den nächsten Tropfen filmen.
Mainstone hatte erst unlängst die Prophezeiung gewagt, dass der nächste Tropfen sich noch vor Jahresende lösen werde. Die Leiterin der mathematischen und physikalischen Fakultät der University of Queensland, Halina Rubinsztein-Dunlop, erklärte, Mainstones Tod sei "besonders traurig, weil er während seiner Zeit als Betreuer des Experiments keinen einzigen Tropfen fallen sah".
Immerhin konnte Mainstone diesen besonderen Moment im Juli dieses Jahres bei einem anderen Experiment derselben Bauweise beobachten. Am Trinity College in Dublin gelang es, einen Pechtropfen beim Fallen zu filmen. Dort läuft der Versuch seit 1944. Mainstone gratulierte den dortigen Physikern - immer wieder habe er das Video angesehen.