Schlechte Ausbreitung Kalte Nasen lassen Vogelgrippe-Viren frieren
Vogelgrippe-Viren befallen den Menschen nur schlecht - und auch Übertragungen von Mensch zu- Mensch sind äußerst selten. Den möglichen Hauptgrund dafür haben nun Forscher um Wendy Barclay vom Imperial College in London gefunden: Die menschliche Nase ist womöglich zu kalt. Vogelgrippe-Viren können sich in ihr nur schlecht ausbreiten und anschließend den menschlichen Organismus befallen.
In der menschlichen Nase herrscht eine Temperatur von 32 Grad Celsius, die Körpertemperatur liegt bei 37 Grad Celsius. Vogelgrippe-Viren hingegen sind optimal auf eine Körpertemperatur von 40 bis 41 Grad angepasst. Im Verdauungstrakt von Vögeln ist es so warm. Bei Temperaturen unter 37 Grad breiten sich die Vogelgrippe-Viren nur schlecht aus.
Wie die Mediziner in der Fachzeitschrift " PLoS Pathogens" schreiben, könnte die niedrige Temperatur der menschlichen Nase ein Grund dafür sein, dass die Gefahr einer Vogelgrippe-Pandemie beim Menschen gering ist.
Die Vogelgrippe ist eine Erkrankung bei Vögeln, die durch Influenza-Viren hervorgerufen wird. Insgesamt sind 16 Unterarten von Vogelgrippe-Viren bekannt. Sie befallen vorwiegend Wasservögel, manche können aber auch über den Atmungstrakt auf den Menschen übergehen - so zum Beispiel das H5N1-Virus, von dem Wissenschaftler in den vergangenen Jahren befürchteten, dass es sich zu einem Pandemie-Virus wandeln könnte. Die Viren-Unterarten tauschen Eiweiße auf ihrer Oberfläche gegen Eiweiße des menschlichen Grippevirus aus, was eine Übertragung auf den Menschen ermöglicht. Die Infektion beginnt meist in der Nase und breitet sich über den Atmungstrakt aus.
Wendy Barclay und ihr Team untersuchten, wie der Vogelgrippe-Erreger auf den Menschen übergeht. Dazu infizierten sie Zellkulturen aus der menschlichen Nase mit vier Varianten von Vogelgrippe-Viren und mit einem menschlichen Grippevirus. Die Kulturen wurden entweder bei 37 Grad, also der menschlichen Körpertemperatur, oder bei 32 Grad, der Temperatur der menschlichen Nase, gelagert.
Während sich das menschliche Grippevirus bei beiden Temperaturen gleich gut vermehrte, gediehen die Vogelgrippe-Erreger bei 37 Grad gut, bei 32 Grad dagegen nur sehr langsam. Weiterhin gingen bei 32 Grad Celsius nur sehr wenige Zellen durch das Vogelgrippevirus zugrunde, was ebenfalls auf eine geringe Ausbreitung hindeutet. Da Vogelnasen wärmer sind, könnte dies die bessere Ausbreitung der Viren bei Vögeln erklären.
Auch menschliche Grippeviren, in die die Forscher Bausteine des Vogelgrippe-Erregers einschleusten, vermehrten sich bei 32 Grad nur sehr langsam. Dies bedeutet, dass auch mutierte Virenformen nicht unbedingt gut an die Bedingungen des menschlichen Körpers angepasst sind. "Vogelgrippe-Erreger sind zwar überall, aber es ist sehr unwahrscheinlich, dass sie eine Pandemie beim Menschen auslösen", erklärt Barclay: "Dazu müssten sie sich erst so verändern, dass sie gut auf den Menschen übertragbar sind." Untersuchungen wie die ihre könnten in Zukunft dazu beitragen, Abkömmlinge des Virus zu identifizieren, die sich auch beim Menschen schnell ausbreiten können. "Dadurch können wir auch Prioritäten für die Entwicklung von Impfstoffen setzen", sagt Barclay.