Simple Socke Herzstrumpf macht Pumpe wieder fit
Die Idee ist simpel, und die Umsetzung ebenso: Ein kleines Netz, das um kranke Herzen geschlungen wird, soll diese wieder fit machen. Bis zu eine Millionen Menschen sollen allein in den USA unter einer Herzvergrößerung leiden, denen solch ein Strumpf tatsächlich helfen könnte, glaubt der Kardiologe Douglas Mann von Baylor College of Medicine in Houston, Texas.
Die Ergebnisse der von Mann geleiteten Studie, die er jetzt in New Orleans auf einer Tagung der American Heart Association präsentierte, lassen Herzpatienten hoffen. Mit dem Strumpf versehene Herzen hätten sich "dramatisch in Größe und Form verändert", sagte Mann. Die Basketball-förmigen, vergrößerten Organe hätten nach und nach die "normale Form eines Footballs" angenommen.
Kardiologen erklärten auf dem Kongress, die Herzsocke könne eine bestehende Lücke bei der Behandlung von Patienten schließen, denen weder Medikamente noch Herzschrittmacher helfen würden und die eine mechanische Pumpe oder eine Organtransplantation ablehnten.
"Chirurgisch gesehen, können wir nur wenig tun", sagte Timothy Gardner von der University of Pennsylvania in Philadelphia. "Es gibt ein großes Interesse an dieser simplen Technik."
Entwickelt wurde die Herzsocke von der Firma Acorn Cardiovascular mit Sitz in St. Paul im US-Bundesstaat Minnesota. Das CorCap Cardiac Support Device, so sein offizeller Name, besteht aus einen feinen Netz. Bislang wurde der Strumpf nur im Rahmen der Studie eingesetzt, die das Unternehmen auch finanziert hat. Acorn Cardiovascular besitzt jedoch nach eigenen Angaben bereits eine Erlaubnis für den Verkauf in Europa, die Zulassung für den US-Markt solle Anfang 2005 vorliegen. Einen Preis wollte die Firma nicht nennen.
An der Klinik für Thorax- und Kardiovaskuläre Chirurgie der Universität Düsseldorf arbeiten Ärzte an einem ganz ähnlichen Konzept. Das Team um Emmeran Gams vewendet im Unterschied zu Acorn ein elastisches Material. "Das ist ein Vorteil gegenüber dem was Acorn entwickelt hat", sagte Gams gegenüber SPIEGEL ONLINE. Das Herz behalte so eine gewisse Elastizität und könne sich ausdehnen. Derzeit warten die Düsseldorfer Forscher auf die Zulassung ihres elastischen Netzes, um mit klinischen Studien beginnen zu können.
Die Amerikaner sind da schon einen Schritt weiter. An der jetzt in New Orleans vorgestellten Studie nahmen insgesamt 300 Patienten aus 28 Krankhäusern teil. 193 von ihnen wurden wegen einer undichten Herzpumpe operiert, 102 bekamen die Standardoperation, 91 zusätzlich zur OP noch den Herzstrumpf. Der zweite Teil der Testgruppe, 107 Probanden, bekam keine Herzoperation, sondern entweder die herkömmliche medikamentöse Behandlung (50 Personen) oder zusätzlich dazu den Herzstrumpf (57).
Nach zwei Jahren hatte sich der Zustand von 38 Prozent der Strumpfträger verbessert, bei den herkömmlich behandelten Patienten waren es nur 27 Prozent. Verschlechterungen gab es bei 37 Prozent der Patienten mit Herzstrumpf und bei 45 Prozent der anderen Probanden.
"Wir denken, dass der Strumpf den Krankheitsverlauf stabilisiert", sagte Mann. Das Herz werde nicht nur zusammengedrückt, es verliere auch an Masse. Zwar sei die Zahl der Krankenhausaufenthalte nicht gesunken, dies könne sich aber längerfristig ergeben, hofft Mann. Der Herzstrumpf markiere einen Durchbruch bei der Behandlung vergrößerter Herzen. Möglicherweise könne er künftig sogar per Schlüssellochchirurgie eingesetzt werden. Ein aufwändiges Öffnen des Brustraums wäre dann überflüssig.