Speiseröhre aufgeschlitzt Bitte nicht stören - Schwertschlucker bei der Arbeit
Manege frei! Hier kommen die Schwertschlucker. Sie beugen den Kopf nach hinten und schieben langsam, Zentimeter um Zentimeter einen Säbel in den Mund. Vielleicht auch zwei. Oder noch mehr. Schwertschlucken sieht nicht nur gefährlich aus - das ist es auch. Trotzdem gibt es wenig medizische Fachliteratur über Berufskrankheiten der Künstler. Eine Studie über die Gesundheisrisiken ihres Berufes, angereichert mit einigen Anekdoten, soll dies ändern. Sie wurde in der jüngsten Ausgabe der britischen Mediziner-Zeitschrift "British Medical Journal" veröffentlicht.
Für die Untersuchung des Berufsverbandes Sword Swallowers Association International (SSAI) gaben Mitglieder Auskunft über ihre Krankheiten und Arztrechnungen und berichteten, wie sie den Beruf erlernt haben. Unter den 46 Befragten waren 26 Frauen.
Mehr als 2000 Schwerter haben die Studienteilnehmer zusammengenommen in den letzten drei Monaten verschluckt. Einer von ihnen rühmte sich der Studie zufolge, sich sogar 16 Schwerter auf einmal in den Rachen schieben zu können. Das längste verschluckte Schwert war 60 cm lang, schreiben Brian Witcomb und Dan Meyer von SSAI.
Schwertschlucker heißen nur so, sie schlucken die Schwerter nicht wirklich. Sie schieben sich die mindestens 38 Zentimeter langen und zwei Zentimeter breiten Stahlklingen durch Rachen und Speiseröhre was dann wie Verschlucken aussieht. Laut der SSAI-Studie ist der durchschnittliche Schwertschlucker 31 Jahre alt und ungefähr 1,76 Meter groß. Es gebe aber keinen ersichtlichen Zusammenhang zwischen der Größe einer Person und der Länge des Schwertes, das sie sich in Rachen und Speiseröhre schieben kann.
Die Schwertschlucker erlernten ihren Beruf nach Angaben der Forscher im Schnitt mit 25 Jahren. Täglich müssten sie üben, und trotzdem - oder gerade deswegen - ist Schwertschlucken gefährlich: 19 der Studienteilnehmer beschrieben wunde Hälse, vor allem wenn sie die Methode lernten oder wenn sie es zu häufig praktizieren. Brustschmerzen, Durchlöcherung des Rachens oder der Speiseröhre wurden von den Befragten auch genannt. Ein Schwertschlucker berichtete, dass sein Arzt ihm gesagt hat, sein Herz sei vom Schwert "gebürstet" worden.
Auch die Arztkosten könnten den Schwertschluckern Tränen in die Augen treiben: Drei Mitglieder der Vereinigung mussten Rechnungen in Höhe von 23.000 bis 70.000 US-Dollar (umgerechnet 17.400 bis 53.000 Euro) bezahlen.
Am häufigsten verletzten sich Schwertschlucker durch Ablenkung oder durch unübliche Schluckgegenstände, schreiben die Wissenschaftler. So schlitzte sich ein Mann mit einem Krummsäbel den Rachen auf. Ein anderer wurde von einem ungehorsamen Papagei auf seiner Schulter so abgelenkt, dass er sich in die Speiseröhre schnitt. Und eine Bauchtänzerin erlitt eine schwere Blutung, nachdem ihr ein Zuschauer Geldscheine zusteckte drei verschluckte Schwerter schnitten ihr in die Speiseröhre.
Die beruhigende Nachricht: Die Vereinigung wisse von keinen tödlichen Unfällen beim Schwertschlucken, auch in der medizinischen Literatur sei nichts darüber bekannt.
ner/AFP