Eingebildete Sprachschüler Wer spricht am besten Englisch? Ich selbst!

Englisches Wörterbuch (Archivbild): "Wir können uns nicht verbessern, solange wir denken, dass wir schon ganz gut sind"
Foto: Aslan Alphan/ Getty ImagesMal Hand aufs Herz: Lachen Sie auch, wenn der Schaffner im ICE vor der Ankunft im Zielbahnhof ein "Senk ju vor träwelling ..." ins Mikrofon schmettert? Und sind Sie der Meinung, dass Sie es selbst besser könnten als das Zugpersonal? Wenn Sie mit Ja antworten, haben Sprachwissenschaftler eine schlechte Nachricht für Sie: Mit großer Wahrscheinlichkeit überschätzen Sie sich.
Schon lange beobachten Linguisten, dass wir die Aussprachefehler unserer Landsleute zwar erkennen, solche Fehler aber selbst trotz jahrelangen Übens nicht abstellen können. "Viele Menschen überschätzen das eigene Niveau ihrer Aussprache", sagt die Sprachwissenschaftlerin Eva Reinisch von der Ludwig-Maximilians-Universität München. "Sie finden ihr Englisch in der Regel besser als das anderer Sprachschüler, obwohl sie die gleichen Fehler machen."
In einer neuen Studie , die in der Fachzeitschrift "PLOS ONE" veröffentlicht wurde, beschreiben Reinisch und ihre Kollegen diese Selbstüberschätzung sogar als hinderlich dafür, Fremdsprachen akzentfrei zu erlernen.
"They heard a funny noise"
Für ihre Studie ließen die Forscher 24 Frauen, deren Muttersprache Deutsch ist, 60 einfache englische Sätze vorlesen. Darunter "The family bought a house" (Die Familie kaufte ein Haus) oder "They heard a funny noise" (Sie hörten ein lustiges Geräusch). Die Sätze wurden aufgenommen und am Computer in männliche Stimmen umgewandelt, um die Studienteilnehmerinnen zu anonymisieren. Anschließend spielten die Wissenschaftler jeder Probandin vier Aufnahmen vor: ihre eigene und die von drei anderen Frauen.
Das Ergebnis war deutlich: In allen Fällen bewerteten die Teilnehmerinnen ihre eigene Aussprache am besten, obwohl sie sich wegen der digitalen Verfremdung nicht mehr erkennen konnten. "Wir waren schon überrascht, dass wir diese Selbstüberschätzung so deutlich zeigen konnten", sagt Reinisch.
Selbstüberschätzung ist für Lernerfolg hinderlich
Die Sprachforscher haben für dieses Phänomen zwei mögliche Erklärungen: Einerseits wisse man aus früheren Studien, dass Menschen vertraute Akzente einfacher verstehen. "Deswegen finden wir eventuell unseren eigenen Akzent gut verständlich und daher besser, als er ist", so Reinisch. Anderseits würden wir Dinge, die wir kennen, als angenehmer einschätzen - und dazu zähle eben auch die eigene Stimme.
Doch die Überschätzung der eigenen Aussprache hat Folgen: "Wir können uns nicht verbessern, solange wir denken, dass wir eigentlich schon ganz gut sind", sagt die Linguistin. Deshalb sei es wichtig, beim Lernen von Fremdsprachen öfter mal eine Beurteilung von außen zu erhalten. Ein solches externes Feedback könnten nach Meinung der Forscher zum Beispiel Aussprache-Apps liefern.