Sprachstudie "Viertel elf" wird immer seltener

Zehn Uhr fünfzehn? Viertel nach zehn? Oder viertel elf? Wie die Uhrzeit korrekt anzugeben ist, sorgt seit Jahrzehnten für Diskussionen in Deutschland. Nun scheint sich in weiten Teilen Deutschlands eine Variante durchzusetzen.
Viertel zehn oder viertel nach neun? Bei der Uhrzeit kommt es in Deutschland leicht zu Missverständnissen

Viertel zehn oder viertel nach neun? Bei der Uhrzeit kommt es in Deutschland leicht zu Missverständnissen

Foto: Mats Silvan/ Getty Images

Die Sprache der Menschen in Deutschland hat sich in den vergangenen Jahrzehnten deutlich angeglichen. Regionalspezifische Begriffe wie Kloß oder Klopse für Frikadellen würden immer seltener verwendet, berichten Forscher der Universitäten Bern, Zürich und Salzburg in einer Studie im Fachmagazin "PLOS One" . Auch bei der Bezeichnung der Uhrzeit setzt sich demnach allmählich die hochdeutsche Variante durch.

Die Wissenschaftler hatten für die Studie Antworten aus einem Onlinequiz ausgewertet, das auch auf SPIEGEL ONLINE erschienen ist. (Hier können Sie es nachspielen.) Darin wurde beispielsweise gefragt, ob man die Uhrzeit 10.15 Uhr mit "viertel nach zehn" angibt oder "viertel elf" oder ob Kugeln aus Hackfleisch "Bulette", "Klops" oder "Fleischpflanzerl" heißen. 24 Begriffe wurden so abgefragt, mehr als 770.000 Menschen nahmen an der Umfrage teil. Die Ergebnisse verglichen die Forscher mit einer früheren Studie aus den Siebzigerjahren.

"Dass sich die Sprache angleicht, liegt unter anderem daran, dass die Leute mobiler sind als früher", erklärt Adrian Leemann von der Universität Bern. "Wenn man sich verstehen will, passt man sich an." Hochdeutsch setze sich aber auch durch, weil es in vielen Regionen angesehener sei als Dialekt.

Bulette oder Beefsteak?

Besonders stark zeigt sich das in Ostdeutschland, berichten die Forscher. In Bayern, Österreich und der Schweiz habe Dialekt dagegen einen recht hohen Stellenwert. Dadurch verändere sich die Sprache dort nicht ganz so schnell. Das zeigt sich auch bei den Begriffen, die die Menschen im Osten und Süden für eine Frikadelle verwenden.

In Ostdeutschland verdrängen die Wörter Klops und Bulette zunehmend die noch regionaleren Bezeichnungen Klößchen, Kloß oder Beefsteak. In Süddeutschland halten sich lokale Bezeichnungen dagegen hartnäckig: In Baden-Württemberg sagt man Fleischküchle, in Bayern Fleischpflanzerl.

Auch die Bezeichnung "der Schlucken" wird in Teilen Ostdeutschlands zunehmend durch das Wort Schluckauf ersetzt.

Außerdem setzt sich bei der Angabe von Uhrzeiten die hochdeutsche Variante ganz allmählich durch. So hat die Bezeichnung "viertel elf" für 10.15 Uhr im Vergleich zu den Siebzigerjahren etwas an Beliebtheit verloren. In dem Fall zeigen sich aber sowohl Ostdeutsche als auch Franken, Badener und Württemberger hartnäckig: "Viertel elf" ist dort weiterhin beliebter als "viertel nach zehn".

Bolzen hat sich durchgesetzt

Nahezu verschwunden sind dagegen einige Synonyme für Fußballspielen. Das ursprünglich in Westfalen bekannte Wort "pöhlen" ist kaum mehr verbreitet. Ähnlich ist es mit "bäbbeln" im Sächsischen. "Bolzen" und "Fußball spielen" haben sich durchgesetzt. In Baden-Württemberg und Österreich wird zudem "gekickt", in der Schweiz vor allem "getschuttet".

Der Wandel weg von lokalen hin zu eher überregionalen Wort-Varianten sei auch in anderen Sprachen zu erkennen, sagt Leemann. "Auch in England, den Niederlanden oder Frankreich geht sprachliche Diversität verloren."

jme/dpa

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