Stimmzettel in den USA Die Ersten werden die Ersten sein
Schon lange wurde vermutet, dass Kandidaten, die ganz oben auf den Wahlzetteln stehen, mehr Stimmen bekommen als die Konkurrenten weiter unten. Allerdings nahmen Analysten bisher an, dass dieser Effekt in nennenswertem Umfang nur bei obskuren Urnengängen in der Provinz auftauche, bei denen die Kandidaten und ihre Parteizugehörigkeit weitgehend unbekannt seien.
Eine Studie von Forschern der Ohio State University brachte jetzt ein anderes Ergebnis. "Selbst bei einem Präsidentschaftswahlkampf kann die Namensfolge einen großen Unterschied machen", sagt Psychologie- und Politikprofessor Jon Krosnick, einer der Autoren der Untersuchung. "Kandidaten, die als erste auf dem Stimmzettel stehen, haben einen echten Vorteil."
Je ähnlicher die Kandidaten, desto größer der Effekt
Der Effekt der Namensreihenfolge ist laut Krosnick immer dann am größten, wenn die Wähler sich nicht recht für einen Politiker entscheiden können. "Wenn die Leute mit mehreren ähnlich attraktiven Kandidaten konfrontiert werden, kreuzen viele offenbar einfach den ersten Namen auf der Liste an." Im Hinblick auf den Präsidentschaftswahlkampf 2000 scheint diese Annahme durchaus schlüssig: Kritiker warfen George W. Bush und seinem Konkurrenten Al Gore seinerzeit vor, sich in ihren politischen Botschaften kaum zu unterscheiden.
Entsprechend deutlich fiel der Studie zufolge der Reihenfolgen-Vorteil aus: Volle neun Prozent mehr Stimmen habe George W. Bush etwa in Kalifornien bekommen, wenn sein Name ganz oben auf dem Wahlzettel gestanden habe. In Ohio und North Dakota maßen die Forscher ähnliche Ergebnisse. In diesen drei Bundesstaaten aber fiel das offenbar nicht weiter ins Gewicht, da dort die Reihenfolge der Namen von Wahlbezirk zu Wahlbezirk rotiert.
In Florida ist die Gesetzeslage eine andere: Dort darf die regierende Partei ihre Kandidaten an die Spitzenpositionen aller Wahlzettel setzen, und zwar überall im Staat. Der Gouverneur von Florida heißt Jeb Bush, war schon im Jahr 2000 an der Macht und ist zufällig der Bruder des jetzigen Präsidenten. "Angesichts des knappen Ergebnisses ", meint Krosnick, "hat die Spitzenposition auf den Wahlzetteln mit nahezu absoluter Sicherheit Bush den Sieg in Florida beschert" - und damit dessen Einzug ins Weiße Haus ermöglicht.
Buchstaben-Lotterie im "Golden State"
Auf einen ähnlichen, wenn auch schwächer ausgeprägten Effekt darf demnächst Arnold Schwarzenegger hoffen. Bei den anstehenden Gouverneurswahlen in Kalifornien gilt zwar das System der innerstaatlichen Namensrotation, doch wird es nicht für vollständige Gerechtigkeit sorgen können.
Denn im "Golden State" sind neben dem Hollywood-Helden und dem amtierenden Gouverneur Gray Davis weitere 133 Kandidaten angetreten. Kalifornien hat aber nur 80 Wahlbezirke - also musste das Los entscheiden, wer in den einzelnen Gebieten oben steht. In der Ziehung, nach amerikanischer Art im Stil einer Lotto-Show veranstaltet, wurde als erster Buchstabe das "R" gezogen. "H", "B" und "S" landeten auf den Plätzen acht, neun und zehn.
Schlecht für Schwarzenegger, unken manche. Denn jetzt steht der Muskelmann, der erst kürzlich als "Terminator" Prügel von einer Frau bezog, auf den Wahlzetteln ausgerechnet neben seiner prominentesten Konkurrentin, der Kommentatorin Arianna Huffington.
Es könnte sogar noch dicker kommen für Schwarzenegger. Dessen Name ist nicht nur für Schlagzeilen zu lang, wie US-Zeitungen mittlerweile nörgeln, sondern auch für die kalifornischen Stimmzettel. Das zumindest verbreiten Spaßvögel derzeit im Internet, und liefern gleich ein paar Tipps zur Namenskürzung mit. "A. Schwarzenegger" etwa sei denkbar, klinge aber nach einer Import-Wurst. "Arnold Negger" gemahne zu sehr an einen Westküsten-Rapper. "Arnold Warz" aber habe das Zeug zum Hit: Ausgesprochen wie "Wars", meinen die Satiriker von "Dailyhog", könne dieser Name die konservativen US-Wähler in Scharen in Arnolds Arme treiben.
Markus Becker