Sensationsfund Riesiges Steinzeitmonument bei Stonehenge entdeckt

Luftbild von Stonehenge: In unmittelbarer Nähe des Steinkreises gibt es noch größere und ältere Monumente der Vorzeit
Foto: Robert Harding / imago imagesDas Monument misst mehr als zwei Kilometer im Durchmesser: Archäologen sind in der Nähe von Stonehenge auf mehrere tiefe Gruben gestoßen, die wahrscheinlich vor mehr als 4500 Jahren ausgehoben wurden und einst einen Kreis um eine Kultstätte der Steinzeit bildeten. Die Entdeckung gelang ohne Ausgrabungen, eine Besonderheit.
Kaum ein archäologischer Fundplatz der Welt ist so gut erforscht wie Stonehenge und inzwischen ist klar: Der Steinkreis stand nicht einsam in der Landschaft. Die ganze Region um das heutige Stonehenge hatte für die Menschen der Stein- und Bronzezeit offenbar eine herausragende Bedeutung. Über Jahrhunderte kamen sie hierher und errichteten riesige Monumente - einige sind noch älter und größer als Stonehenge.
Weil diese oft nicht aus Stein gebaut wurden, sondern aus Holz und Erde, sind sie jedoch nicht so gut erhalten geblieben und heute oft kaum zu erkennen. Um diese versteckten Monumente aufzuspüren, untersuchen Archäologen das Gebiet seit Jahren mit Bodenradar und Magnetometer. Dadurch werden Anomalien im Erdboden sichtbar - ganz ohne Ausgrabung.
Ein fast perfekter Kreis
Ein Team von Forschern der University of Birmingham, der University of Bradford und der Universität Wien hat allein zwischen 2010 und 2016 mehr als 200.000 Gruben in der Nähe von Stonehenge entdeckt. Nicht jede der Gruben bedeutet eine archäologische Sensation, viele entstehen beispielsweise, wenn ein Baum samt Wurzel umkippt.
Auch die nun entdeckten riesigen Bodenanomalien hielten die Forscher zunächst für natürliche Auswaschungen. Doch dann fiel ihnen eine Besonderheit auf: 20 der Gruben bildeten einen fast perfekt geformten Kreis - mit einem gigantischen Durchmesser von etwa zwei Kilometern. Ursprünglich muss die Anlage noch aus deutlich mehr Gruben bestanden haben, sind sich die Forscher sicher. Baumaßnahmen, vor allem in der Neuzeit, haben sie jedoch sehr wahrscheinlich zerstört.
Einige der riesigen, kreisförmigen Gruben waren 20 Meter breit und mindestens fünf Meter tief. "Ich kann gar nicht genug betonen, wie aufwendig es gewesen sein muss, diese Schächte mit Werkzeugen aus Stein, Holz und Knochen zu graben", sagt Archäologe Vincent Gaffney, der das Forschungsprojekt geleitet hat.
Ob etwas in den Gruben gestanden hat oder die Anlagen Orte für Opferungen waren, können die Forscher nicht sagen. Bohrungen zeigen jedoch, dass sie nicht nur ausgehoben wurden, um etwas darin zu vergraben. Offenbar hatten die Gruben selbst eine Bedeutung, es dauerte Jahrhunderte bis sie sich wieder verfüllten. Einige sind bis heute als Senken zu erkennen.
Am Boden einer der Gruben fanden Archäologen Knochenreste, die etwa aus der Zeit stammen müssen, als die Anlage gebaut wurde. Weil in den Knochen uralter Kohlenstoff gespeichert ist, können die Forscher ihr Alter bestimmen. Bei der Methode, auch bekannt als Radiokarbon-Datierung, wird die Menge von C14 in der Probe gemessen.
Jedes Lebewesen nimmt dieses Kohlenstoffisotop über die Luft und die Nahrung auf, solange es lebt. Sobald es stirbt, stoppt die Zufuhr von C14 - ab dann läuft die Radiokarbon-Uhr. Das Kohlenstoffisotop zerfällt mit einer Halbwertzeit von knapp 6000 Jahren. Dadurch können Forscher das ungefähre Alter der Probe bestimmen.
Eintrittstor in heiliges Land?
Die Grube muss laut Analysen am Ende der Jungsteinzeit vor etwa 4500 Jahren ausgehoben worden sein. Wahrscheinlich sind die anderen Gruben zeitgleich entstanden. Also in etwa der Zeit, als auch der berühmte Steinkreis von Stonehenge gebaut wurde.
Die Forscher vermuten, dass die Grubenanlage eine Art Eintrittstor zu einem heiligen Gebiet gewesen sein könnte - allerdings eher nicht zu Stonehenge, das drei Kilometer südwestlich entfernt liegt.
Genau im Zentrum des Grubenkreises liegt ein noch viel größeres und wahrscheinlich auch älteres Monument als Stonehenge: der Super-Henge von Durrington Walls. Diese Animation zeigt, in welcher Verbindung die Monumente zueinander stehen:
Henges sind typische Monumente der Jungsteinzeit und der frühen Bronzezeit. Sie bestehen aus einem Erdwall und einem innen liegenden Graben, die einen Kreis bilden. Meist lassen sich die Anlagen nur über vier gegenüberliegende Eingänge betreten. Wozu diese Monumente dienten, ist nicht klar.
Sie könnten Versammlungsorte für Zeremonien gewesen sein oder riesige Sternwarten. Viele der Anlagen sind nach kosmologischen Besonderheiten wie der Sommer- oder Wintersonnenwende ausgerichtet.
"Deutlich größer als jedes vergleichbare prähistorische Monument"
Durrington Walls ist mit 500 Metern im Durchmesser der größte, komplett erhaltene Henge Großbritanniens. Außerhalb des Erdwalls fanden Archäologen die Reste einer Siedlung mit Hinweisen auf Hunderte Häuser. Da einige Hauswände unter dem Erdwall begraben liegen, muss mindestens ein Teil der Siedlung noch älter sein als Durrington Walls.
Das spricht dafür, dass die Region vor Tausenden Jahren besiedelt war und wahrscheinlich schon damals überregional eine Rolle spielte. So findet sich exakt auf der Linie des nun entdeckten Kreises aus riesigen Gruben ein weiteres Monument, das "Larkhill Causewayed Enclosure", das wahrscheinlich noch 1500 Jahre älter ist als Durrington Walls.
"Die Gegend um Stonehenge gehört zu den am besten erforschten archäologischen Landschaften der Erde", sagt Archäologe Gaffney. "Es ist bemerkenswert, dass die Anwendung neuer Technologien immer noch zur Entdeckung einer solch gewaltigen prähistorischen Struktur führen kann, die deutlich größer ist als jedes vergleichbare prähistorische Monument, das wir zumindest in Großbritannien kennen."