Studie zu umstrittenem Covid-19-Heilmittel Malaria-Medikament erhöht Sterblichkeitsrate

Donald Trump empfiehlt Hydroxychloroquin als Heilmittel gegen Covid-19, auch die britische und die brasilianische Regierung setzen darauf. Doch das Medikament ist laut einer Studie nicht nur wirkungslos, sondern auch gefährlich.
Die Wirkstoffe Hydroxychloroquin und Chloroquin kommen im Kampf gegen die Tropenkrankheit Malaria zum Einsatz - bei Covid-19 helfen sie nicht, sind sich Mediziner sicher.

Die Wirkstoffe Hydroxychloroquin und Chloroquin kommen im Kampf gegen die Tropenkrankheit Malaria zum Einsatz - bei Covid-19 helfen sie nicht, sind sich Mediziner sicher.

Foto: NARINDER NANU/ AFP

Anmerkung der Redaktion: Das Fachblatt "Lancet" hat die Studie am 5. Juni zurückgezogen , weil es Zweifel an der Zuverlässigkeit der Daten gibt. Mehr dazu lesen Sie hier.

Als "Geschenk Gottes" im Kampf gegen Corona hatte Donald Trump das Malaria-Medikament Hydroxychloroquin noch vor wenigen Wochen bezeichnet. Zuletzt verbreitete der US-Präsident sogar, dass er das Medikament selbst prophylaktisch einnehme, um sich gegen eine Infektion mit dem Coronavirus zu schützen.

Die Wirkung des Heilmittels ist jedoch schon länger umstritten. Eine am Freitag veröffentlichte Studie kommt nun zu dem Ergebnis, dass Covid-19-Patienten, die mit den Malariamitteln Hydroxychloroquin und Chloroquin behandelt werden, eine höhere Sterblichkeitsrate aufweisen.

"Hydroxychloroquin und Chloroquin zeigen keinen Nutzen bei Covid-19-Patienten", erklärte Studienautor Mandeep Mehra vom Brigham and Women's Hospital der Harvard Medical School in Boston am Freitag. Vielmehr zeigten neue Untersuchungen, dass Patienten sogar ein erhöhtes Sterberisiko haben. Zudem könnten die Medikamente auch Herzrhythmusstörungen auslösen.

Ein Forschungsteam der Harvard Medical School in Boston und des Herzzentrums am Universitätsspital Zürich hatte für die in der Fachzeitschrift "The Lancet"  veröffentlichte Studie die Daten von 96.000 Patienten in Hunderten Krankenhäusern weltweit ausgewertet.

Dabei unterschieden die Forscher vier Gruppen: Eine Gruppe erhielt Hydroxychloroquin, eine weitere Chloroquin. Die dritte Gruppe wurde mit einem der beiden Mittel in Kombination mit Antibiotika behandelt und eine Kontrollgruppe erhielt keines der Medikamente.

Die Sterblichkeitsrate der Kontrollgruppe lag bei neun Prozent. Bei den Patienten, die mit Hydroxychloroquin behandelt wurden, waren es 18 Prozent. Bei jenen, die Chloroquin einnahmen 16,4 Prozent. In Kombination mit Antibiotika lag die Sterblichkeitsrate sogar bei 23,8 Prozent (Hydroxychloroquin) beziehungsweise 22,8 Prozent (Chloroquin).

Bei einer Behandlung mit den Malariamitteln hatten die Patienten ein bis zu 45 Prozent höheres Risiko zu sterben, so die Studienautoren. "Für die Wirksamkeit von Hydroxychloroquin und Chloroquin bei Covid-19 gibt es keine wissenschaftlichen Belege. Im Gegenteil, insbesondere bei Covid-19-Patienten mit Herzerkrankungen beobachteten wir schwere Nebenwirkungen, vor allem lebensgefährliche Herzrhythmusstörungen", sagte Frank Ruschitzka, Leiter der Kardiologie am Universitätsspital Zürich.

Ärzte warnen schon länger vor Hydroxychloroquin

Die Wirkstoffe Hydroxychloroquin und der verwandte Wirkstoff Chloroquin werden seit Langem als Mittel gegen Malaria-Infektionen eingesetzt. Insbesondere Chloroquin hat zahlreiche Nebenwirkungen. Ihre Wirksamkeit bei der Behandlung von Covid-19-Patienten ist bereits länger umstritten.

Bereits vor der Studie gab es viel Kritik von Medizinern an Trumps Empfehlung: Der Medizinprofessor Bob Lahita äußerte sich überrascht über Trumps Medikation. Er sagte, Hydroxychloroquin sei unwirksam. "Wir haben keinerlei Wirkung festgestellt, und wir haben viele Patienten damit behandelt", so Lahita.

Auch andere Regierungen setzen auf das Malariamittel: Brasiliens Regierung empfiehlt die beiden Wirkstoffe offiziell zur Behandlung selbst leichter und mittelschwerer Fälle der Lungenkrankheit. Auch die britische Regierung hat Hydroxychloroquin im Wert von 35 Millionen Pfund bestellt.

sug/afp
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