Teilchenbeschleuniger LHC Forscher glaubt an baldigen Fund des Gottesteilchens
Genf - Es gibt die Pessimisten, die Apokalyptiker wie den US-Amerikaner Walter Wagner. Sie fürchten, dass Schwarze Löcher entstehen könnten, wenn im Herbst der Teilchenbeschleuniger LHC in Genf die Arbeit aufnimmt. Und es gibt die Optimisten wie den britischen Teilchenphysiker Peter Higgs. Er ist sich nach eigenem Bekunden sicher, dass das Riesen-Forschungsgerät in einem Tunnel unter dem Jura ein fundamentales Rätsel des Universums lösen wird.
Es ist ein Rätsel, zu dem Higgs einen ganz besonderen, einen persönlichen Bezug hat: Vor 40 Jahren hatte er die Existenz eines speziellen Feldes postuliert, welches das ganze Universum durchdringen soll - und Elementarteilchen ihre Masse verleiht. Träger dieses Feldes, so Higgs, seien ganz besondere Teilchen. Später wurden sie auf den Namen Higgs-Boson getauft, zu Ehren des medienscheuen Nordengländers. Physik-Nobelpreisträger Leon Ledermann prägte sogar den Namen "Gottesteilchen", eine Bezeichnung, die dem Atheisten Higgs - und anderen Teilchenphysikern - jedoch nicht so recht gefallen wollte.
"Es besteht die Wahrscheinlichkeit, dass das Partikel schnell auftauchen wird. Ich bin zu 90 Prozent sicher, dass es das tun wird", sagte Higgs nun vor Journalisten in Genf. Schwierig dürfte allerdings sein, dass die Forscher im LHC das Higgs-Boson mit großer Wahrscheinlichkeit gar nicht direkt beobachten können. Das Teilchen gilt als vergleichsweise schwer und könnte mehr als 100 Protonenmassen auf die Waage bringen. Die Frage ist nun, ob Higgs-Bosonen nach der Kollision der fast lichtschnellen Teilchenstrahlen im milliardenteuren LHC lange genug existieren könnten, um von den Forschern beobachtet zu werden. Normalerweise zerfallen die Teilchen sehr schnell.
Zwei Detektoren, Atlas und CMS, machen sich auf die Suche. Weil das Higgs-Boson so instabil ist, müssen sich die Forscher auf der Suche nach ihm wohl durch riesige Datenberge von Zerfallsprodukten wühlen. "Alles passiert so schnell, dass das Auftauchen des Bosons in den gesammelten Daten versteckt sein könnte", sagte Higgs. "Die Analyse könnte eine lange Zeit dauern."
Neben dem LHC am Cern hat die graue Eminenz der Teilchenphysik noch ein weiteres Eisen im Feuer: Auch am US-Teilchenbeschleuniger Fermilab suchen Forscher nach Higgs-Bosonen. Möglicherweise haben sie sogar schon welche beobachtet, sie aber im Datenwust noch nicht ausmachen können.
Peter Higgs hat übrigens eine genaue Vorstellung davon, bis wann das wichtige Teilchen gefunden sein sollte - und zwar bis zu seinem 80. Geburtstag, den er im kommenden Jahr feiert: "Sonst wäre ich sehr, sehr verdutzt." Nicht nur für die Entdeckung des von ihm postulierten Teilchens braucht Higgs Geduld und gute Gesundheit, sondern auch für den Nobelpreis, auf den er seit Jahren hofft. "Ich muss meinen Hausarzt wohl bitten, mich noch für eine Weile fit zu halten", sagte er bei einem Interview im vergangenen Herbst.
chs/Reuters