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Studie mit Einjährigen: Kleinkinder beim Konzentrationstraining

Foto: Sam Wass

Test mit Einjährigen Konzentrationstraining hilft schon Kleinkindern

Hirntraining kann bei Kleinkindern enorme Erfolge erzielen: In einem Experiment konnten sie sich schon nach wenigen einfachen Übungen wesentlich besser konzentrieren und sich unterschiedlichen Situationen anpassen. Die Forscher waren nach den Tests selbst erstaunt.

Hamburg - Schon Kleinkinder im Alter von elf Monaten können erfolgreich trainieren, sich besser auf eine Aufgabe zu konzentrieren. In einem Experiment hatten britische Wissenschaftler mit 42 Kleinkindern geübt, bestimmte Objekte auf Computerbildschirmen mit den Augen zu verfolgen oder sie wiederzufinden, nachdem sie verdeckt wurden. "Schon eine relativ kurze Trainingszeit führte bei den Kindern zu einer verbesserten Aufmerksamkeit", berichten die Forscher im Fachmagazin "Current Biology" . Das zeige, dass diese Fähigkeit in sehr viel jüngerem Alter trainiert werden könne als bisher angenommen.

Die Kleinkinder konnten nach den Übungen Objekte trotz Ablenkungen besser im Blick behalten und leichter Muster erkennen. Durch das Training sei es den Kindern auch gelungen, die Dauer ihrer Betrachtung besser den Umständen anzupassen, so die Wissenschaftler. Diese Fähigkeit sei in der realen Welt sehr wichtig. "Manchmal will man gezielt ein interessantes Objekt fixieren und alle Ablenkungen ignorieren. Ein anderes Mal möchten wir aber das Zentrum unserer Aufmerksamkeit schnell wechseln können - beispielsweise beim Lernen von Sprachen in einer Gruppe", sagt Sam Wass von der University of London, der Erstautor der Studie. Bei den Kindern sei die Aufmerksamkeitsspanne nach dem Training deutlich flexibler gewesen.

Die Erkenntnisse könnten hilfreich sein, wenn es darum gehe, Kinder mit potentiellen Schwächen frühzeitig zu fördern. "Wenn wir die geistige Entwicklung unserer Kinder substantiell ändern wollen, könnte es sein, dass wir so früh wie möglich damit beginnen sollten", sagt Wass. Wie lange der jetzt beobachtete Trainingseffekt anhalte, müsse aber noch getestet werden.

Im Rahmen der Studie besuchten 42 Kleinkinder im Zeitraum von 15 Tagen fünfmal das Labor. Die Hälfte diente als Kontrollgruppe, spielte während dieser Zeit oder sah kindgerechte Fernsehprogramme. Die anderen 21 absolvierten vier verschiedene Übungen. Jede wurde nur so lange durchgeführt, bis die Kinder die Lust verloren und ihre Aufmerksamkeit nachließ.

Trainingseffekt schon nach einer Stunde Übungen messbar

In einer der Übungen flog ein Schmetterling über den Bildschirm, bewegte sich aber nur, solange die Kinder ihn fixierten. Gleichzeitig erschienen ablenkende Objekte, die sich in die Gegenrichtung bewegten. In einem anderen Test waren mehrere Fenster auf dem Bildschirm zu sehen. In eines verschwand ein Tier, das Kind wurde daraufhin kurz abgelenkt. Kehrte der Blick des Kindes zu den Fenstern zurück, beobachteten die Forscher, ob das Kind das Fenster fixierte, hinter dem das Tier verschwunden war.

Vor Beginn und nach Ende der 15-tägigen Übungsperiode führten die Forscher umfangreiche Tests mit beiden Gruppen durch. Dabei schnitten die trainierten Kinder deutlich besser ab als die Kontrollgruppe. "Es ist erstaunlich, dass wir Veränderungen nach so viel kürzeren Trainingsperioden feststellten als andere Studien an Vier- bis Fünfjährigen", berichten die Forscher. Insgesamt hatte jedes Kleinkind durchschnittlich 77 Minuten lang geübt. Vier- bis Fünfjährige hatten in früheren Studien im Schnitt 375 Minuten benötigt, bevor ein Trainingseffekt sichtbar wurde.

Die in den Tests erzielten Verbesserungen in der Konzentrationsfähigkeit hätten sich auch auf andere Bereiche übertragen, berichten die Forscher. Man habe sie beispielsweise beim freien Spiel der Kinder beobachten können. Das stehe in deutlichem Kontrast zu ähnlichen Übungen bei Erwachsenen. Bei diesen finde normalerweise keine Übertragung des Geübten auf deutlich unterschiedliche Aufgaben statt. Dass man diesen Transfer bei den Kleinkindern beobachtet habe, sei vermutlich auf deren noch stärker formbares Gehirn zurückzuführen.

wbr/dapd

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