Triumphaler Absturz Die "Mir" versinkt im Pazifik

Treffer, versenkt: In einem beeindruckenden Feuerwerk ist die Raumstation "Mir" wie geplant über dem Südpazifik abgestürzt. Beobachter berichten von einem blauen Schweif und vier lauten Aufschlägen.


Flash: Die letzten Stunden der "Mir"


Koroljow - Die Ära der russischen Raumstation "Mir" ist zu Ende: Nach mehr als 15 Jahren im All und rund 86.300 Erdumrundungen wurde die Station am Freitagmorgen planmäßig zum Absturz gebracht. Große Teile der 143 Tonnen schweren "Mir" verglühten beim Eintritt in die Erdatmosphäre, Wrackteile stürzten kurz vor 7 Uhr MEZ wie vorgesehen in den Südpazifik zwischen Australien und Chile, wo sie im Ozean versanken.

"Die 'Mir' hat ihren triumphalen Flug beendet", erklärte ein Sprecher der Bodenkontrollstation in Koroljow bei Moskau. Beobachter auf den Fidschi-Inseln sahen die brennende "Mir" mit einem blauen Schweif auf die Meeresoberfläche zurasen. Minuten später waren vier laute Aufschläge zu hören. Es gab zunächst keine Hinweise darauf, dass Trümmer in der Region auf Land getroffen sind.

Ein Pilot, der in knapp 3.000 Metern Höhe über den Fidschi-Inseln flog, berichtete am Freitagmorgen, er habe die Wrackteile gesehen. "Sie waren sehr schnell und sehr hell und hatten einen langen Schweif aus Rauch, der noch Minuten lang in der Atmosphäre blieb", so Neli Vuatalevu. "Es war spektakulär. Das beste Feuerwerk, das ich je gesehen habe." Berechnungen zufolge hatten die Trümmer beim Auftreffen auf die Meeresoberfläche eine Geschwindigkeit von 200 bis 300 Metern pro Sekunde.

Um 1.31 Uhr MEZ leitete die Kontrollstation das Absturzmanöver ein. Sie gab den ersten Befehl zum Zünden der Triebwerke des an die Station angedockten "Progress"-Transporters und bremste damit die "Mir" in ihrer Umlaufbahn ab. Das zweite Bremsmanöver begann eineinhalb Stunden später, als die Station über Ostafrika flog, und dauerte 24 Minuten; das und letzte wurde um 6.07 Uhr MEZ durchgeführt. Die Raumstation befand sich zu diesem Zeitpunkt über Ägypten.

Das dritte Manöver verlief nach Berechnungen des Europäischen Space Operations Centre (ESOC) in Darmstadt allerdings heftiger als geplant. Die Raumstation sei innerhalb der 20 Minuten, in denen die Treibwerke gezündet wurden, nicht um 23,5 Meter pro Sekunde sondern um über 40 Meter pro Sekunde abgebremst worden, sagte Einsatzleiter Walter Flury. "Die 'Mir' hatte anscheinend mehr Reserven als gedacht. Da haben sich wohl in den vergangenen Jahren ein paar Fehler eingeschlichen - aber in der richtigen Richtung."

In Japan, dem letzten bewohnten Gebiet, das die "Mir" überflog, herrschte nach dem Absturz Erleichterung. Ein Regierungssprecher dankte der russischen Raumfahrtbehörde für ihre gute Arbeit. Nach dem Absturz erschien auf der Kontrolleinwand im Flugleitzentrum die Aufschrift: "Der 15-jährige Flug der Mir ist beendet." Dann erlosch der Schirm.

"Russland wird eine große Weltraummacht bleiben" "Es war eine beispielhafte Operation, und unsere Experten haben bei keinem der Schritte einen Fehler gemacht", lobte auch Juri Koptew, der Chef der russischen Raumfahrtbehörde. "Die Welt ist davon überzeugt worden, dass Russland nicht nur weiß, wie man Raumstationen baut, sondern auch wie man sie kontrolliert und ihre Flugbahn vorhersagt. Russland wird eine große Weltraummacht bleiben."

Die "Mir" habe funktioniert, als ob sie nagelneu gewesen wäre, erklärte der Astronaut Alexander Kaleri, der zum letzten Team auf der Station gehört hatte, im staatlichen Fernsehen ORT - "ohne Kapriolen oder Ausfälle. Es war wie ein Wunder." Andere Mitarbeiter der Bodenstation äußerten aber auch Bedauern ob des unwiederbringlichen Endes der "Mir", die insgesamt 104 Menschen beheimatet und Brände, Zusammenstöße und technische Probleme überdauert hatte.

"Natürlich muss alles irgendwann einmal zu Ende gehen", meinte der Astronaut Pawel Winogradow. Aber es sei, "als ob man sein eigenes Haus baut und es dann niederbrennt". Bis zum Schluss hatten Demonstranten vor der Bodenstation gefordert, die "Mir" nicht zu zerstören.

Die Wiedergabe wurde unterbrochen.
Merkliste
Speichern Sie Ihre Lieblingsartikel in der persönlichen Merkliste, um sie später zu lesen und einfach wiederzufinden.
Jetzt anmelden
Sie haben noch kein SPIEGEL-Konto? Jetzt registrieren