
Tutanchamun-Bilder Der Fotograf des Pharao



Vor ziemlich genau hundert Jahren war das Tal der Könige im südlichen Teil von Ägypten erledigt - zumindest archäologisch. Höchstens Kleinkram gäbe es wohl noch hier und da, so dachte die damalige bunt gemischte Ägyptologengemeinde aus ernsthaften Wissenschaftlern, Abenteurern und Schatzsuchern. Sensationen seien keine mehr zu erwarten - etliche Gräber waren bereits gefunden worden.
Der Brite Howard Carter sah das anders. Er war in der riesigen Nekropole angetreten, um ihr ein Geheimnis abzuringen: Carter wollte nahe der Ortschaft Theben ein verstecktes Grab finden. Dafür hatte er den britischen Aristokraten George Herbert Carnarvon überzeugt, ihm die Ausgrabung zu finanzieren. Nun erwartete der Lord Ergebnisse.
Doch die kamen und kamen nicht. Nach Jahren der Misserfolge einigte man sich auf eine letzte Grabungssaison, sie begann Anfang November 1922. Nach vier Tagen stießen Carters Arbeiter auf eine verschüttete Treppe - sie führte zum wohl bekanntesten Grabschatz der Menschheitsgeschichte, der Bestattung des altägyptischen Pharao Tutanchamun. Nicht nur Carter und Carnarvon waren begeistert - die ganze Welt war es.
Bis heute befassen sich Forscher mit der Aufarbeitung von Hunderten Gegenständen, die Carter und seine Mannschaft aus dem berühmten Grab KV62 zogen. Jedes Stück muss katalogisiert werden, bevor die Restauratoren ihre Arbeit aufnehmen können. Dazu gehört auch, die Artefakte aufwendig zu dokumentieren - mit detaillierten Zeichnungen und vor allem durch Fotografien.
Seit nahezu 20 Jahren hält der italienische Fotograf Sandro Vannini die Hinterlassenschaften des alten Ägyptens mit der Kamera fest. Sein Bilderarchiv gehört zu den größten auf diesem Gebiet. Auch die berühmten Funde von Tutanchamun, die bis zum Umzug in einen gigantischen Neubau überwiegend noch im Ägyptischen Museum in Kairo ausgestellt sind, setzte er kunstvoll in Szene.
Für seine präzisen wie ästhetischen Bilder arbeitet Vannini mit einer aufwendigen Methode, der Mulitshot-Technik. Ein einziges Bild wird dabei aus mehreren Einstellungen zusammengesetzt, bei Vannini sind es 16. Pro Motiv braucht es ungefähr fünf Minuten, dabei darf keine einzige Vibration die Aufnahme stören, das Bild würde sofort verwackeln.
Im Museum mag das noch möglich sein. Aber bei der fotografischen Erfassung von großflächigen Wandmalereien in Tempeln und Gräbern ist das eine schwierige Aufgabe, deren Erfüllung leicht Wochen oder Monate dauern kann. Für die Dokumentation solcher Szenen setzt Vannini eine spezielle Vorrichtung ein, mit der die Kamera an der Wand entlangfahren kann.
Zudem ist die Arbeit in den engen Tunneln und Treppen der Wüstenanlagen unter den extremen Bedingungen nicht nur für Vannini und seine Mitarbeiter schwierig. Auch die Technik leidet unter den klimatischen Bedingungen. Im Sommer werden im Tal der Könige Temperaturen von 40 Grad Celsius leicht überschritten. Um die Ausrüstung und Rechner zu kühlen, konnte Vannini aber nicht mit Ventilatoren arbeiten - sie hätten zu viel Staub aufgewirbelt und zu starke Vibrationen verursacht. Deshalb ließ Vannini mit Alufolie umwickelte Eisblöcke in die Grabanlagen bringen.
So viel Aufwand lohnt sich: Die am Computer zusammengesetzten Bilder geben dank extremer Vergrößerung Details preis, die auch für Archäologen ein wichtiges Medium sind. Auf Fotos von Vannini aus der Tutanchamun-Sammlung wurden zuvor unentdeckte Spuren von Überarbeitungen bei Inschriften sichtbar.
Die Experten vermuten deshalb, dass einige der Gegenstände ursprünglich nicht für den jung gestorbenen Pharao aus der 18. Dynastie bestimmt waren, sondern nachträglich umgearbeitet wurden.
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17.01.2021 02.04 Uhr
Keine Gewähr
Sie gehörten wohl einst zu Tutanchamuns Vater Echnaton und zu Neferneferuaton, einem vermutlich weiblichen Mitglied der Königsfamilie, das noch nicht sicher identifiziert wurde.
Eine Auswahl der Fotos von Vannini sind nun in dem Bildband "Tutanchamun - Die Reise durch die Unterwelt" erschienen.
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Sie ist vermutlich das bekannteste archäologische Fundstück der Welt: die Totenmaske des Pharaos Tutanchamun. Der britische Ägyptologe Howard Carter fand das nahezu unversehrte Grab des altägyptischen Königs 1922 im Tal der Könige im Süden von Ägypten. Heute liegt die Maske im ägyptischen Museum in Kairo - bald soll sie im neu gebauten Grand Egyptian Museum (GEM) ausgestellt werden.
Auch dieser Miniatursarg stammt aus dem berühmten Grab KV62. Hinter dem von Archäologen verwendeten Kürzel verbirgt sich das Tutanchamun-Grab. In dem Minisarg befand sich der Magen des Verstorbenen.
Auch dieses Bild zeigt den Miniatursarg für die Eingeweide. Das Bild dokumentiert eindrucksvoll die Fertigkeiten der Handwerker der damaligen Zeit.
Besonderes Detailreichtum offenbart auch diese Aufnahme. Es ist der Stirnreif aus dem Tutanchamun-Grab.
Diesen Armreif trug Tutanchamun an der linken Hand. Er ist aus Gold, Silber und Lapislazuli hergestellt und zeigt Skarabäus-Figuren. Die Käfer galten im alten Ägypten als Symbol der Schöpferkraft.
Diese Statur zeigt den König auf einem Panther. Er trägt die berühmte weiße Krone von Oberägypten. Archäologen deuten den Fund so: Das Tier schützt den König auf seinem Weg durch die Finsternis.
Auch dieser goldene Thron wurde im Grab gefunden - ein Beleg für die außerordentlichen handwerklichen Fähigkeiten der alten Ägypter. Die Holzkonstruktion ist mit Gold überzogen, Halbedelsteine und Silber schmücken das Stück.
Ein Salbgefäß in Form eines Bootes. Es wurde aus Alabaster hergestellt und im Anbau des Grabs gefunden.
Diese Alabasterarbeit ist eine Öllampe. Die Brennschale, in der der Docht schwamm, hat die Form einer Lotusblüte. Die bemalte Innenseite ist nur bei Beleuchtung komplett sichtbar.
Kosmetikbox in der Form einer Kartusche: Diese länglich-ovale Form rahmte den Namen eines Herrschers ein. Die Box lag in Tutanchamuns Steinsarkophag.
Dieser Opfertisch stammt aus dem Grab des Arztes Kar, das 2001 in Sakkara gefunden wurde. Auf dem Stück aus Alabaster sind in Hieroglyphenschrift die Gaben verzeichnet, die dem "Arzt des königlichen Palastes" an seinem Grab dargebracht werden sollen.
Diese Horus-Statur ist aus Bronze. Sie wurde wohl zu kultischen Zwecken in Tempeln und Gräbern eingesetzt. Horus, der meist als Falke dargestellt wurde, galt als wichtiger Himmels- und Königsgott - und auch als Beschützer der Kinder.
Dieses Bilder zeigt den Spiegel von Prinzessin Sathathor Yunet. Das Foto fängt eindrucksvoll die Details des Fundstücks auf: Der Griff hat die Form einer Papyrusblume, das Stück aus dem Mittleren Reich besteht aus Gold, Silber und Obsidian.
Der Fund des Jahrhunderts gelang dem britischen Ägyptologen Howard Carter (Mitte). Auf dem Bild von 1922 steht Carter neben Lady Evelyn Herbert, der Tochter seines Finanziers Lord Carnarvon (zweiter von li.).
Die Fotos stammen von dem italienischen Fotografen Sandro Vannini. Er dokumentiert seit Jahren wichtige Funde aus Ägypten. Die Bilder von Vannini sind wichtig für die Archäologen -und das nicht nur aus ästhetischen Gründen. Der Detailreichtum ermöglicht manchmal Einblicke, die die Experten sonst nicht hätten. So wurden auf Vannini-Fotos Überarbeitungen von Artefakten sichtbar, die vermuten lassen, dass einige Objekte aus dem Tutanchamun-Grabschatz einst nicht für den jungen Pharao, sondern für Echnaton oder Neferneferuaton angefertigt wurden.
Der Bildband "Tutanchamun - Die Reise durch die Unterwelt" ist im Taschen-Verlag anlässlich des 100. Jahrestags von Carters ersten Ausgrabungen im Tal der Könige erschienen. Das Buch kostet 50 Euro.
Das Grand Egyptian Museum (GEM) in Kairo wurde vom Büro Heneghan Peng Architects entworfen. Der erste Teil soll ab 2018 für die Besucher zugänglich sein - doch die Eröffnung wurde schon mehrfach verschoben.
Aus dem Innern des GEM sollen Besucher immer wieder auch die weltberühmten Pyramiden erblicken können. Es steht im Südwesten von Kairo - genau zwischen den drei Pyramiden von Gizeh.
Computergrafik: Außerhalb des Gebäudes sollen Besucher über eine Wiese spazieren können. Hinter der Mauer am Rande der Anlage sind Sanddünen zu erkennen.
Das neue Museum verfügt über 40.000 Quadratmeter Ausstellungsfläche. Dazu kommen Außenflächen von 90.000 Quadratmetern.
Im Inneren des Museums sollen die Besucher verschiedene Großstatuen empfangen. Das Design stammt aus Deutschland. Für die Gestaltung ist das Atelier Brückner aus Stuttgart zuständig.
Dann geht es über ein Treppenhaus in den Ausstellungsbereich. Dort will Architekt Uwe Brückner erstmals eine neue Technik einsetzen. "Wir planen digitale Stationen, an denen die Besucher selbst entscheiden können, was und wie viel sie wissen möchten. Es wird interaktive Elemente geben, bei denen die Besucher die Hieroglyphentexte selbst lesen können, die auf den Exponaten zu sehen sind."
Das alte Ägyptische Museum in Kairos Innenstadt nahe des Tahrir Platzes ist seit Jahren völlig überfüllt. Deshalb wurde 2002 noch unter Präsident Mubarak der Grundstein für das Mega-Projekt in Gizeh gelegt. Es soll das größte archäologische Museum der Welt werden.
Im Tahrir-Museum wirken so manche Exponate fast ein wenig verwahrlost. Die Beschreibung zu dieser Staute liegt einfach nur neben dem Stück.
Und an manchen Stellen wirkt das berühmte Museum wie eine überfüllte Rumpelkammer.
Das berühmteste archäologische Exponat der Welt: Noch steht die Goldmaske von Tutanchamun am Tahrir Platz.
Doch das Stück soll zum GEM umziehen, wenn das Museum fertig ist. Der Werkstattbereich daneben ist bereits fertig.
Tarek Tawfik (r.) ist der Direktor des Grand Egyptian Museums. Im Conservation Center auf dem Baustellengelände wird schon länger gearbeitet.
Es gibt 17 Restaurierungswerkstätten für alle möglichen Materialien - von Holz über Textilien bis Leder, Stein und auch für menschliche Überreste. Hier stellen Arbeiter eine Statue auf.
Von überall her werden Exponate und Funde angeliefert. 90 Großskulpturen sollen in einem riesigen Treppenhaus untergebracht werden.
Um die teilweise tonnenschweren Skulpturen zu bewegen, arbeiten die Restauratoren mit Kränen.
Derzeit werden auch bisher nicht restaurierte Stücke aus dem Grabschatz des Tutanchamun bearbeitet - etwa diese Sandalen.
Eine Museumsmitarbeiterin zeigt die neuen Stücke. Die Schuhe wurden mit einem speziellen Papier aus Japan verstärkt.
Auch dieses Kissen wurde aufwendig restauriert.
Diese Holztruhe ist ein besonders schönes Stück.
Auf der Truhe ist die Kartusche von Tutanchamun abgebildet - oben und links. Die Hieroglyphen des Herrschers wurden im Alten Ägypten von einem länglich-ovalen Ring umschlossen.
Auch dieses Bett stammt aus der Tutanchamun-Sammlung.
In der Holzwerkstatt wird ein Jagdbogen aus dem Fund restauriert. Etwa eine Woche benötigt der Mann für das Stück.
Auch Särge aus der pharaonischen Zeit werden konserviert. Meist werden diese Stücke in Kunststofffolie eingeschweißt und einige Zeit mit Chemikalien behandelt, damit alle Organismen abgetötet werden. Das stoppt den Zersetzungsprozess.
Immer wieder werden von Archäologen Särge entdeckt.
Ein Streitwagen aus dem Grabschatz von Tutanchamun - auch er wird in der neuen Ausstellung zu sehen sein.
In der Steinwerkstatt werden tonnenschwere Skulpturen aufgestellt.
Doch keine geheimen Kammern: Hinter den Wänden der Grabkammer des Tutanchamun befinden sich keine bisher verborgenen Räume, wie das ägyptische Ministerium für Altertümer mitteilte.
Tutanchamun war nach neunjähriger Herrschaft im Jahr 1324 vor Christus im Alter von 19 Jahren gestorben. Sein Grabmal befindet sich im Tal der Könige in der Nähe von Luxor im Süden Ägyptens. Hier ist seine Mumie zu sehen.
Die Mumie liegt in einer speziellen Glaskammer, damit sie erhalten bleibt.
Anders als viele andere Pharaonengräber war das von Tutanchamun nicht bereits geplündert, sondern enthielt mehr als 5000 intakte Objekte, davon viele aus Gold. Deshalb ist der Pharao heute weltberühmt, obwohl er eigentlich ein eher unbedeutender Herrscher war.
Der Verdacht, dass hinter der Gruft weitere Kammern verborgen liegen könnten, kam erstmals 2015 auf. Damals entdeckte der Archäologe Nicholas Reeves verdächtige Linien auf hochauflösenden Fotos, die er als eine Art Tür deutete.
Einige Archäologen glaubten deshalb, das Grab könnte gar nicht für den Pharao bestimmt gewesen sein, sondern für Nofretete. Tutanchamun wurde demnach in einer Art Vorkammer beigesetzt.
Der Fund wäre eine Sensation gewesen. Denn das Grab der für ihre Schönheit berühmten Königin wurde nie gefunden. Ihre weltberühmte Büste ist im Ägyptischen Museum in Berlin ausgestellt.
Nach dem ersten Verdacht untersuchten Archäologen die Grabanlage mit hochleistungsfähigen Radargeräten und Infrarot-Wärmekameras. Nun ist klar: Es gibt wohl doch keine verborgenen Kammern - das Grab der Nofretete bleibt verschwunden.
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