

Der Fund wäre eine riesige Sensation: Wissenschaftler hegen den Verdacht, dass hinter einer Wand im Grab des ägyptischen Pharaos Tutanchamun die Königin Nofretete bestattet ist. Radaranalysen des britischen Archäologen Nicolas Reeves hatten die Vermutung ausgelöst.
Nun jedoch gibt es Streit. Der bekannte ägyptische Archäologe Zahi Hawass kritisiert seinen Kollegen Reeves scharf: "In meiner gesamten Karriere ist mir nie eine Entdeckung begegnet, die mit Hilfe von Radar gemacht wurde", sagte er auf einer Expertenkonferenz in Kairo.
Reeves verteidigte auf der Tagung seine Theorie: Radarbilder hätten den Verdacht genährt, dass hinter dem Grab von Tutanchamun zwei Hohlräume lägen, die Metall und organisches Material enthielten.
"Ich habe nach Indizien gesucht, die meine Theorie widerlegen, aber keine gefunden", sagte er in Kairo. Stattdessen habe er immer mehr Belege gefunden, die seine These stützten - etwa Wärmebilder.
Möglicher Sondeneinsatz
Ägyptens Antikenminister Khaled al-Anani bewilligte auf der Konferenz noch keine nähere Erkundung des Grabes. "Wir müssen uns zu 100 Prozent sicher sein, dass da ein Hohlraum ist", sagte er.
Der vormalige Antikenminister Mamdouh el-Damati hatte im März erklärt, Experten seien sich "zu 90 Prozent" sicher, dass es weitere Kammern gebe.
Ein ägyptisch-amerikanisches Forscherteam hat bereits weitere Radarmessungen vorgenommen. Das Ergebnis ist noch unbekannt. Experten zufolge wäre es möglich, Sonden einzusetzen, die durch die aufgebohrte Wand geschoben würden.
Reeves war im vergangenen August mit der Theorie über weitere Kammern im Tutanchamun-Grab an die Öffentlichkeit getreten. Sein Aufsatz über Linienstrukturen in zwei Wänden des 1922 entdeckten Grabes des Kindkönigs (um 1330 v. Chr.) sorgte weltweit für Aufsehen.
Reeves erkannte in ihnen vermauerte Durchgänge. Er vermutete sogar, dass sich das bislang unentdeckte Grab der Nofretete hinter der Nordwand befinden könnte. Schon die Entdeckung weiterer Kammern wäre eine archäologische Sensation.
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Malereien in Tutanchamuns Grabkammer (oben: Wandgemälde, unten: Oberflächenstruktur): Der Archäologe Nicholas Reeves hat im August 2015 eine aufsehenerregende These präsentiert - möglicherweise war das Grab von Tutanchamun ursprünglich gar nicht für den Pharao gedacht, sondern für seine Vorgängerin Nofretete.
Nordwand der Grabkammer: Auf hochauflösenden Fotos hat Reeves Strukturen entdeckt, die darauf schließen lassen, dass sich in der Wand eine Tür befunden hat. Dahinter könnte die Pharaonin bestattet worden sein. Radaranalysen stärken den Verdacht.
Malereien an der Nordwand: Nicht nur Reeves sind einige unstimmige Details der Figuren aufgefallen. Seiner These zufolge lassen sie sich damit erklären, dass die Zeichnungen ursprünglich für Nofretete (im Englischen Nefertiti genannt) angefertigt worden waren. Bei der "Mundöffnungszeremonie" steht demnach Thronerbe Tutanchamun der verstorbenen Herrscherin gegenüber. Anstatt, wie es bisher gedeutet wurde, der Nachfolger Eje II. dem toten Tutanchamun.
Darstellung in der Grabkammer, Büste der Nofretete: Die Gesichter der als Tutanchamun angesprochenen Figuren haben tiefe Mundwinkelfalten - ein Zug, der sonst vor allem von den späten Porträts der Nofretete bekannt ist.
Malereien an der Westwand der Kammer: Auch hier fand Reeves Hinweise auf eine Tür. Dahinter vermutet er kein Grab, sondern eine Nebenkammer. Das würde dem Bauplan der Zeit entsprechen. Dass das Grab für eine Frau gedacht war, würde auch eine Besonderheit erklären: Korridor, Vorkammer und Hauptkammer winden sich in ihrer Abfolge nach rechts. Beim Grab eines Pharao müssten sie sich eigentlich nach links winden.
Darstellung des Grabes: Hinter der Westwand vermutet Reeves eine Nebenkammer (x), hinter der Nordwand das Grab der Pharaonin (y). Reeves bekräftigte nach einem Aufenthalt im Tal der Könige seine Theorie, dass sich bislang unentdeckte Räume in der weltberühmten Grabkammer des Pharaos Tutanchamun befinden. Er plant nun Messungen mit Radarwellen.
Archäologe im Glück: Dass Howard Carter, der das Grab Tutanchamuns 1922 öffnete, nach seinen spektakulären Funden nicht noch weitersuchte, wäre nachvollziehbar.
Totenmaske Tutanchamuns: Etwa 80 Prozent der Möbel und Geräte in KV 62 wurden nicht für den Pharao angefertigt - darunter der Sarkophag und sogar die berühmte Goldmaske. Einige wenige Stücke gehörten seinem Vater Echnaton, die große Mehrheit aber der Mitregentin.
Rekonstruktion von Tutanchamuns Kopf: Der Herrscher starb jung, älter als 20 Jahre wurde er höchstwahrscheinlich nicht. Sein Nachfolger hatte sicher Besseres zu tun, als Tutanchamun ein korrektes Begräbnis zu organisieren. Setzte er ihn also einfach in einer Vorkammer von Nofretetes Grab bei?
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