Report zum Bevölkerungswachstum Was die Menschheit retten kann

Babys in einer indischen Klinik: 1,2 Milliarden Menschen leben auf dem Subkontinent
Foto: PAWAN KUMAR/ REUTERSAlle fünf Tage, von heute an bis ins Jahr 2050, entsteht in den Entwicklungsländern eine neue Stadt mit einer Million Einwohnern - bildlich gesprochen. Denn die Bevölkerung wächst zurzeit pro Jahr um etwa 80 Millionen, und am stärksten in ärmeren Regionen.
Ist es möglich, die endlichen Ressourcen des Planeten so zu verteilen, dass auch acht, zehn oder gar elf Milliarden Menschen ein gutes Leben führen können? Und wie lässt sich das Bevölkerungswachstum drosseln? Im Bericht "People and the Planet" präsentiert eine Gruppe von Forschern unter dem Dach der britischen Royal Society einen Katalog von Maßnahmen, der aus ihrer Sicht helfen würde, Menschheit und Erde gleichermaßen in den kommenden hundert Jahren vor Schaden zu bewahren.
Auf eine Zahl verzichten sie bewusst: Wie viele Menschen die Erde sozusagen verkraftet. Dies hänge sehr stark davon ab, wie die Menschen leben, wie ihr Konsumverhalten aussehe.
Der Einfluss des Menschen auf die Erde sei sehr besorgniserregend, schreiben die Wissenschaftler um Medizin-Nobelpreisträger John Sulston, der an der University of Manchester lehrt. In den reichen Ländern der Erde übersteige der Konsum deutlich das Niveau, das für die heute auf der Erde lebenden sieben Milliarden Menschen nachhaltig möglich ist. Gleichzeitig sind 1,3 Milliarden sehr arm. Ihnen stehen pro Tag umgerechnet weniger als 1,25 US-Dollar zur Verfügung.
Konsum senken, Bildungschancen verbessern
Tatsächlich nennen die Forscher dies als erste der großen Herausforderungen, vor denen die Menschheit steht:
- Die Lebensumstände der Ärmsten müssten verbessert werden. Dazu ist es aus Sicht der Forscher auch nötig, dass die Bevölkerung in Entwicklungsländern langsamer wächst, als sie es derzeit tut. Nicht nur Hungerkatastrophen müssen verhindert werden, auch in den heute ärmsten Ländern sollte eine bessere Gesundheitsversorgung möglich sein.
- Der zweite Punkt richtet sich an die Industrienationen und Schwellenländer, die darauf aufbauen, ständig mehr zu produzieren und zu konsumieren - mit zu wenig Blick auf die Nachhaltigkeit. Konsumenten sollten auch für die erweiterten Kosten dessen aufkommen, was sie kaufen, meinen die Wissenschaftler. Gleichzeitig heben sie hervor, dass man noch stärker auf erneuerbare Energien und effizientes Recycling setzen müsse. Kurzum, der nicht-nachhaltige Konsum muss gedrosselt werden - und damit auch die Treibhausgasemissionen, die Abholzung von Wäldern und andere die Umwelt schädigende Aktivitäten.
- Als drittes nennen die Wissenschaftler das Bevölkerungswachstum. Zwangsmaßnahmen dürfe es nicht geben, stellen die Forscher klar. Doch sie sehen einen großen Bedarf an Verhütungsmitteln in vielen Ländern, der vergleichsweise günstig zu decken sei. Wichtig seien dazu bessere Bildungsangebote - Menschen mit guter Ausbildung lebten im Schnitt länger und gesünder und seien auch eher in der Lage zu entscheiden, wie viele Kinder sie wirklich haben wollen.
- Schließlich mahnen die Forscher noch an, dass Bevölkerungswachstum und Umweltfragen nicht als zwei voneinander getrennte Themenfelder gesehen werden sollten.
Die Ziele sind hehr, die Umsetzung dürfte jedoch der große Knackpunkt sein. Dass sich ein nachhaltiger Umgang mit Ressourcen nur in einem internationalen Kraftakt erreichen lasse, ist den Wissenschaftlern auch klar. Notwendig ist dafür, wie sie schreiben, eine weitsichtige politische Führung, die sich auf langfristige Ziele konzentriert. Wie gut sie für die Zukunft planen, können die Regierungen bald unter Beweis stellen - auf dem im Juni stattfindenden Rio+20-Gipfel.