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"Great Depression": Wundersame Krisenfolgen

Foto: FPG/ Getty Images

Überraschende Statistik Weltwirtschaftskrise ließ Amerikaner länger leben

Forscher haben US-Daten zu Sterbefällen aus der Zeit der Weltwirtschaftskrise 1930 bis 1933 analysiert - und dabei eine überraschende Entdeckung gemacht. In den Jahren der Entbehrungen lebten die Amerikaner im Schnitt etwas länger, trotz vielfacher Arbeitslosigkeit.

Washington - Es war ein Tag, den die Welt so schnell nicht vergessen wird: Am 24. Oktober 1929 kollabierten die Aktienmärkte in den USA. Der sogenannte Schwarze Donnerstag war der Beginn einer tiefen Wirtschaftskrise, die bald den ganzen Planeten erfasste. Die weltweiten Finanzströme und der Handel brachen zusammen. Die Arbeitslosigkeit in den USA erreichte in den folgenden Jahren Werte von um die 25 Prozent, die Löhne brachen auf breiter Front ein. Viele Familien trieb die Krise in den finanziellen Ruin.

Doch die sogenannte Great Depression hatte offenbar positive Folgen für die Gesundheit der Amerikaner. Das schreiben zumindest José Tapia Granados und Ana Diez Roux von der University of Michigan in Ann Arbor im Fachmagazin "Proceedings of the National Academy of Sciences" . Das Ergebnis überrascht - zumal die Probleme von damals dieser Tage immer wieder mit der gegenwärtigen Finanz- und Wirtschaftskrise verglichen werden.

Die Zahlen der Forscher belegen: Die Sterblichkeit in allen Altersstufen sank in den extremen Krisenjahren zwischen 1930 und 1933, die Lebenserwartung stieg an. Einzig bei der Selbstmordrate verzeichnen die Wissenschaftler einen Anstieg, was jedoch mit einem Anteil von zwei Prozent an allen Sterbefällen kaum ins Gewicht fällt.

Weniger Arbeitsunfälle, weniger Stress

Die Sozialwissenschaftler erklären dieses unerwartete Phänomen mit den gesundheitlich belastenden Folgen einer florierenden Wirtschaft - gerade in einer Zeit, in der Gesundheitsvorsorge am Arbeitsplatz und Arbeitsschutz in der Industrie noch keinen Stellenwert besaßen. So seien in den Jahren mit schnellem wirtschaftlichen Wachstum vor der Krise Arbeitsunfälle viel häufiger gewesen. Auch Herz-Kreislauf-Erkrankungen als typische Folgen von chronischem Stress, Schlafmangel infolge Schichtarbeit, starkem Rauchen und Alkoholkonsum traten häufiger auf als während der Krisenjahre.

Außerdem sei in den Boomjahren der soziale Zusammenhalt in der Familie häufig schlechter gewesen. Darunter habe unter anderem die Pflege älterer Menschen gelitten. Die Forscher erklärten allerdings, dass es sich bei dem beobachteten Zusammenhang lediglich um kurzzeitige Phänomene handelt. Generell behalte ein alter Grundsatz seine Gültigkeit: Eine florierende Volkswirtschaft bringt in der Regel auf lange Sicht auch gesündere Menschen hervor.

chs/ddp
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