Umweltbericht EU prangert Verkehr als Klimaschutz-Sorgenkind an

Ein Fünftel aller Treibhausgase stammt aus dem Straßenverkehr, die Flugzeug-Emissionen haben binnen weniger als 15 Jahren um 86 Prozent zugenommen. Das berichtet die EU-Umweltbehörde und kritisiert hohe Subventionen: Die Dreckluft koste Leben und Gesundheit.

Die eindringlichen Warnungen von Klimaschützern, Politikern und Zukunftsforschern aus den vergangenen Jahren haben nur wenig gefruchtet. Obwohl die verheerende Wirkung des Treibhausgases CO2 auf die Umwelt bekannt ist, hat der Verkehr zwischen 1990 und 2003 in der Europäischen Union und seinen Nachbarländern nicht ab- sondern zugenommen, und zwar um 20 Prozent. Darüber informiert die Europäische Umweltagentur (EUA) in einem heute veröffentlichten Bericht.

Die Arbeit mit dem Titel "Verkehr und Umwelt: Auf dem Weg zu einer neuen gemeinsamen Verkehrspolitik"  beschäftigt sich mit dem wachsenden Verkehrsaufkommen und dessen Auswirkung auf die europäische Politik - und das bestimmt sich nicht nur auf Verkehrswegeplanung und Luftraumordnung. Die Zahlen der Kopenhagener Behörde haben unübersehbare Bedeutung auch für die Gesundheits- und Klimaschutzdebatte.

So hat der Verkehrssektor den Ergebnissen zufolge bedeutenden Anteil an den Treibhausgas-Emissionen - mit steigender Tendenz. Rund ein Fünftel aller umweltschädlichen Gase stammen aus dem Verkehr - 93 Prozent davon aus dem Straßenverkehr. Doch den stärksten Anstieg verzeichnet die Beförderung in der Luft: Von 1990 bis 2004 nahmen die hier verursachten Emissionen um 86 Prozent zu.

Luxemburg und Irland führen die Statistik mit 156 und 140 Prozent Wachstum an, in den übrigen EUA-Ländern, zu denen die 25 EU-Ländern, die drei Bewerberländer Rumänien, Bulgarien und Türkei sowie Norwegen, Island, Liechtenstein und die Schweiz zählen, liegt die Rate bei durchschnittlich 25 Prozent Zunahme zwischen 1990 und 2004. In den Sektoren Stromversorgung, Land- und Abfallwirtschaft und Industrie hingegen nahm der Ausstoß von Treibhausgasen in demselben Zeitraum ab.

Vier Millionen Lebensjahre gehen verloren

Die EUA macht in ihrem Bericht auch auf die gesundheitsschädigende Wirkung des Straßenverkehrs aufmerksam. Ihren Angaben zufolge lebt jeder vierte EU-Bürger weniger als 500 Meter von einer Straße entfernt. Aufgrund der hohen Luftverschmutzung gingen so - heißt es im Report - jährlich vier Millionen Lebensjahre verloren.

"Technische Fortschritte wie saubere und Kraftstoffsparende Motoren sind äußerst wichtig", sagte Jacqueline MacGlade, Exekutivdirektorin der EUA. "Sie allein reichen aber nicht aus, um einen Ausweg aus dem verkehrsbedingten Emissionsproblem zu finden."

Die Berichterstatter messen insbesondere den hohen Subventionen im Verkehr eine maßgebliche Rolle für die derzeitige Entwicklung bei. Jährlich werden in Europa zwischen 270 und 290 Milliarden Euro für die Unterstützung des Verkehrs ausgegeben. Knapp die Hälfte davon fließe in jenen Topf für den Straßenverkehrs - die umweltaggressivste Verkehrsart.

Wie SPIEGEL ONLINE vergangene Woche berichtete, wird auch der dritte und noch unveröffentlichte Bericht des Weltklimarats IPCC Anfang Mai befinden: Verkehrs- und Energiesektor haben in den vergangenen Jahren maßgeblich zur Beschleunigung des Klimawandels beigetragen. Dies geht aus einer vertraulichen Entwurfsfassung hervor. Dennoch gibt es - etwa im US-Kongress - noch immer Zweifler an der Verantwortung des Menschen.

hei

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