Mangelnder Umweltschutz 15.000 Forscher unterschreiben "Warnung an die Menschheit"

Östliche Hemispähre der Erdkugel
Foto: NASA/Goddard Space Flight Center/dpaMit einem eindringlichen Aufruf haben sich erneut Forscher an die Öffentlichkeit gewandt: Mehr als 15.000 Wissenschaftler aus 184 Ländern unterzeichneten eine "Warnung an die Menschheit". "Das ist eine überwältigende Resonanz, die wir nicht erwartet haben", sagt Ko-Autor Thomas Newsome von der University of Sydney.
Die im Fachjournal "BioScience" veröffentlichte Aufforderung zu konsequenterem Umweltschutz ist der zweite derartige gemeinsame Aufruf von Wissenschaftlern. Ein erster Appell wurde vor 25 Jahren veröffentlicht. Die Experten ziehen jetzt eine ernüchternde Bilanz zum Zustand der Erde.
Im ersten Aufruf von 1992 hatten rund 1700 Wissenschaftler - darunter viele Nobelpreisträger - neun besonders drängende Problemfelder wie Klimawandel, Waldabholzung und Schwinden der Artenvielfalt beschrieben. Zu den Initiatoren des damaligen Aufrufs gehörte die Wissenschaftlervereinigung Union of Concerned Scientists, die für Abrüstung und Umweltschutz kämpft.

Umwelt: Die wahren Krisenherde des Klimawandels
Außer bei der Stabilisierung der Ozonschicht hätten die Menschen seither viel zu wenige Fortschritte gemacht, schreibt der Ökologe und Erstautor William Ripple von der Oregon State University. "Alarmierenderweise hat sich das meiste sogar verschlechtert."
Das achtköpfige Autorenteam greift für seine Übersicht auf Daten von nationalen Behörden, Organisationen und Forschern zurück. Die wichtigsten Trends der vergangenen 25 Jahre nach Angaben der Autoren:
- Das Bevölkerungswachstum hält an, vor allem in den armen Regionen der Welt. Bis 2100, schätzen Experten, werden auf der Erde zwischen 9,6 und 12,3 Milliarden Menschen leben.
- Das Problem der Trinkwasserversorgung hat sich vergrößert. Seit 1992 ist die Menge des pro Kopf verfügbaren Trinkwassers um etwa ein Viertel gesunken.
- Vor allem durch den Eintrag von Dünger und Erdöl hat die Zahl sauerstoffarmer Todeszonen in den Ozeanen um etwa 75 Prozent zugenommen.
- Die Bestände zahlreicher Fischarten sind bedroht, unter anderem auch durch Überfischung.
- Darüber hinaus sind zwischen 1990 und 2015 mehr als 120 Millionen Hektar Wald abgeholzt worden, ein Gebiet etwa so groß wie Südafrika. Das Tempo der Rodungen hat sich teilweise verlangsamt, nach wie vor sind zumeist tropische Länder betroffen. Die abgeholzten Flächen werden für Landwirtschaft genutzt, obwohl Wälder als Kohlendioxid-Speicher, für den Wasserhaushalt und die Artenvielfalt wichtig sind.
- Seit 1992 ist die Zahl der Wirbeltierarten um 29 Prozent gesunken, wozu unter anderem Säugetiere, Amphibien und Fische gehören.
- Für den fortschreitenden Klimawandel ist unter anderem der wachsende Kohlendioxid-Ausstoß der Menschheit verantwortlich - weltweit stieg er um 62 Prozent.
Vereinzelt gebe es auch Fortschritte, schreibt Ripple. So werde inzwischen vielerorts auf Chemikalien verzichtet, die die Ozonschicht schädigen. Erneuerbare Energien seien im Aufwind. Und in Regionen, in denen in Bildung von Mädchen und Frauen investiert werde, sinke die Geburtenrate.
Die Autoren der Warnung sind überzeugt, dass es für mehr Veränderungen einer breiten Welle öffentlichen Drucks auf die Politik bedarf. Mögliche Maßnahmen seien eine Ausweitung der Schutzgebiete, mehr Einschränkungen für den Handel mit Wildtier-Produkten, Programme für Familienplanung und Bildung von Frauen sowie die Förderung einer stärker pflanzenbasierten Ernährung, erneuerbarer Energien und nachhaltiger Technologie.