Nachhaltigkeitsranking Deutschland verfehlt wichtige Uno-Ziele

Platz sechs für Deutschland im Nachhaltigkeitsranking - aber nur, weil viele Staaten es viel schlechter machen: Beim Klimaschutz und bei der Sozialpolitik stellt ihnen die Uno ein schlechtes Zeugnis aus.
"Fridays for Future"-Demo: "Armut und ungleiche Bildungschancen verschwinden nicht durch Lippenbekenntnisse"

"Fridays for Future"-Demo: "Armut und ungleiche Bildungschancen verschwinden nicht durch Lippenbekenntnisse"

Foto: Peter Niedung/ NurPhoto/ Getty Images

Die Weltgemeinschaft könnte einer neuen Studie zufolge an den selbst gesteckten Nachhaltigkeitszielen scheitern. 2015 hatten sich die Vereinten Nationen verpflichtet, unter anderem Armut und Hunger zu beseitigen und Umweltverschmutzung zu bekämpfen. Vier Jahre später sei allerdings kein Land auf dem Weg, alle 17 Ziele zu erfüllen, teilten die Studienautoren um Uno-Sonderberater Jeffrey Sachs mit .

Zu den Zielen der Uno-Mitgliedstaaten gehören zudem, dass der Zugang zu Bildung und der Gesundheitszustand verbessert werden, die Diskriminierung von Frauen beseitigt und der Klimawandel bekämpft werden sollen. Die Ziele sollen bis 2030 erreicht werden. Im September wollen die Staats- und Regierungschefs eine Zwischenbilanz über das bislang Erreichte ziehen.

Vorab haben Uno-Wissenschaftler nun Daten von 193 Uno-Mitgliedstaaten verglichen. Demnach müssen vor allem die reichen Industrienationen mehr tun. Zwar kämen sie vielen Zielen bereits sehr nahe. So haben Schweden, Dänemark und Finnland die Vorgaben zu fast drei Vierteln erfüllt (siehe Tabelle unten). Gleichzeitig verursache ihr Massenkonsum und der hohe Lebensstandard jedoch hohe ökologische und wirtschaftliche Kosten für andere Länder.

Foto: Bertelsmann Stiftung

Die hohe Nachfrage nach Palmöl führe etwa dazu, dass Wälder in den Tropen gerodet werden. Der günstige Rohstoff wird in zahlreichen Nahrungsmitteln eingesetzt.

Deutschland agiert typisch für die Uno-Industrienationen

Deutschland landet im internationalen Vergleich auf dem sechsten Platz und ist ebenfalls ein typisches Beispiel für das Verhalten der Industrienationen. "Deutschland ist bei einigen Uno-Zielen auf einem guten Weg, doch wir werden die Nachhaltigkeitsagenda verfehlen, wenn wir politisch in zentralen Bereichen nicht umsteuern", meint Mitautor Christian Kroll.

Laut Auswertung erfüllt die Bundesrepublik bereits 80 Prozent der Uno-Vorgaben, hinkt beim Klimaschutz und nachhaltigem Konsum aber hinterher. Auch habe Deutschland im sozialen Bereich und bei wirtschaftlichen Zielen noch Nachholbedarf. Dazu zählen etwa die Geschlechtergerechtigkeit sowie die Armutsquote.

Foto: Bertelsmann Stiftung

"Den historischen Versprechen sind kaum Taten gefolgt", sagte Aart De Geus, Vorstandsvorsitzender der Bertelsmann Stiftung, die den Bericht mit herausgibt. Man müsse die Uno-Ziele in konkrete Maßnahmen überführen. "Armut und ungleiche Bildungschancen verschwinden nicht durch Lippenbekenntnisse, sondern nur durch Taten."

Klimasünder USA, Russland, Türkei und Saudi-Arabien

Auch andere Berichte sehen beim nachhaltigen Konsum und beim Klimaschutz Nachlässigkeiten. Laut einer Auswertung des Climate Action Trackers (CAT) von 2018  schneiden die USA, Russland, Türkei und Saudi-Arabien am schlechtesten ab, wenn es darum geht, den globalen Temperaturanstieg auf höchstens zwei Grad zu begrenzen (Bewertung "critically insufficent"). Die Politik von Deutschland und anderen EU-Staaten wird demnach etwas besser, aber noch immer als "unzureichend" eingestuft.

Die Uno-Autoren bemängeln in ihrem Report zudem die schlechte Vorbildrolle der G20-Staaten. Die Industrieländer seien für rund die Hälfte der noch unerfüllten Nachhaltigkeitsmaßnahmen verantwortlich. Hier fielen besonders die USA, Brasilien, China, Indien und Indonesien negativ auf. Nur wenige der G20-Mitglieder gäben bislang die von der Uno geforderten 0,7 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) für Entwicklungshilfe aus.

Gleichzeitig kritisiert der Bericht das Missverhältnis aus Überproduktion von Nahrung auf der einen und Mangelernährung auf der anderen Seite. Ein Drittel der Lebensmittel weltweit landet im Müll, während 800 Millionen Menschen unterernährt sind.

jme/dpa
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