Unterwasser-Kraftwerk Norweger zapfen die Gezeiten an

Das weltweit erste Unterwasser-Kraftwerk ist ans Netz gegangen. Die Energie aus Ebbe und Flut soll in den kommenden Jahren mehrere hunderttausend Haushalte in Norwegen versorgen.

Es ist eine gewaltige Mühle unter dem Meeresspiegel: Klingen mit zehn Metern Durchmesser drehen sich, wenn der Mond die Wassermassen in die Gezeiten zwingt. Das weltweit erste Unterwasserkraftwerk, das seit vergangener Woche Strom für die norwegische Stadt Hammerfest produziert, ist zwar noch ein Prototyp - doch schon in fünf Jahren wollen die Norweger hunderttausende von Haushalten mit dem Strom vom Meeresgrund versorgen.

"Unterwasser-Energiefarmen" in fünf Jahren

"Innerhalb eines Jahres werden wir genug gelernt haben, um eine zweite Generation ins Leben zu rufen. Ich hoffe, dass es in fünf Jahren regelrechte Unterwasser-Energiefarmen gibt", sagt Projektmanager Bjorn Bekken von der Firma Hammerfest Stroem. Schon in zwei Jahren wollen die Verantwortlichen in die Massenproduktion einsteigen.

Der Prototyp erzeugt 300 Kilowatt - genug für die Versorgung von 30 norwegischen oder 60 bis 80 britischen Haushalten. Die Wassermassen, die sich während der Gezeiten über den Meeresboden wälzen, treiben über die Rotoren einen Generator an, der wiederum Energie erzeugt. Die Anlage ist mit einer Stahlsäule im Meeresgrund verankert. Ein großer Vorteil der Gezeiten-Energie ist die Kontinuität, mit der das Wasser ständig in die eine oder andere Richtung fließt - im Gegensatz zur Wind- oder Solarenergie, die stark vom Wetter abhängig sind. Richtig aufgestellt, kommt die Mühle nur für wenige Minuten am Tag zur Ruhe, wenn die Gezeiten nach zwölf Stunden kurz aussetzen.

Konkurrenz aus Großbritannien

Die Norweger sind jedoch nicht alleine auf dem Markt der Unterwasser-Energie. Die Konkurrenz kommt von der anderen Seite der Nordsee, aus Großbritannien. Vor der Südwestküste Englands haben Forscher dort ebenfalls Rotoren im Wasser installiert, die nach dem gleichen Prinzip wie die der Norweger funktionieren - aber noch keinen Strom ins britische Netz einspeisen.

Ein Problem sind zurzeit noch die relativ hohen Kosten für die neue Wasserkraft. Dennoch wollen die Norweger weiter basteln, denn sie haben sich im Rahmen des Kyoto-Protokolls verpflichtet, ihren Kohlenstoffdioxid-Ausstoß zu reduzieren. Da die Skandinavier ihre Energie nahezu komplett aus der Wasserkraft beziehen, können sie hier kaum etwas einsparen. Wollen sie noch mehr der exklusiven Mühlen ins Wasser setzen, können sie nicht noch weiter in den Norden wandern: Hammerfest ist der nördlichste Hafen Norwegens, der das gesamte Jahr eisfrei ist.

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