US-Studie Sommerzeit erhöht Stromverbrauch

Die Umstellung auf die Sommerzeit ist kontraproduktiv, glauben US-amerikanische Forscher. Sie bringt Privathaushalten nicht die erhoffte Energie-Ersparnis, sondern erhöht deren Stromverbrauch.

Seit 1980 drehen die Deutschen zwei Mal pro Jahr kräftig an der Uhr: Am letzten Sonntag im März wird die Uhr nachts eine Stunde vorgestellt, um im Herbst wieder auf Normalzeit zurückgedreht zu werden. Von Anfang an gab es Kritik an der Zeitumstellung: Menschen schliefen schlechter, Kühe gaben weniger Milch. Und es gab auch Zweifel, ob die Sommerzeit tatsächlich wie erhofft Energie einspart, weil es abends länger hell ist.

Zumindest Privathaushalte sparen durch das Drehen an der Uhr nichts bei ihrer Stromrechnung, haben jetzt zwei Wirtschaftwissenschaftler von der University of California in Santa Barbara herausgefunden. Matthew Kotchen und Laura Grant hatten im US-Staat Indiana über drei Jahre hinweg die Stromzählerstände von mehr als sieben Millionen Privathaushalten ausgewertet. Der Energieverbrauch der Haushalte in Indiana sank demnach nicht, er stieg vielmehr mit der Zeitumstellung um ein bis vier Prozent an.

"Wir können durch diese Zahlen ganz klar belegen, dass die Zeitumstellung den Privathaushalten keine Energieersparnis einbrachte", sagte Grant. Die Einwohner Indianas zahlten für den zusätzlichen Energieverbrauch rund 8,6 Millionen Dollar (5,7 Millionen Euro) pro Jahr. Die Verfasser der Studie kalkulierten zudem die Kosten der stärkeren Umweltverschmutzung für die Gemeinschaft auf jährlich 1,6 bis 5,3 Millionen Dollar.

Indiana erwies sich als ideales Untersuchungsgebiet, weil dort die Sommerzeit erst 2006 flächendeckend eingeführt worden war. Zuvor hatten nur 15 der insgesamt 92 Bezirke die Uhren im März verstellt, um eine Stunde Tageslicht am Abend zu gewinnen. Nach der statistischen Analyse gab es zwar "geringfügige Einsparungen im Frühjahr, aber einen umso stärkeren Stromverbrauch im Spätsommer und Herbst". Die Forscher führen dies auf einen erhöhten Heizbedarf in den dunklen Morgenstunden und die stärkere Benutzung von Klimaanlagen an den längeren Nachmittagen und warmen Sommerabenden zurück.

Zu ähnlichen Ergebnissen waren auch Forscher in Europa gekommen. "Durch das Vor- und Zurückstellen der Uhren wird keine Energie eingespart", erklärte Umweltbundesamt-Präsident Andreas Troge erst im Oktober. Die Umstellung ist nicht nur aus Umweltsicht fragwürdig, Mediziner halten sie sogar für gesundheitsschädlich. Kürzlich veröffentlichten deutsche und niederländische Wissenschaftler eine Studie, die ergab, dass die Sommerzeitumstellung die innere Uhr des Menschen durcheinander bringt. Dazu hatten die Wissenschaftler Schlafmuster von 55.000 Menschen in ganz Mitteleuropa untersucht.

Ihr Fazit: Die innere Uhr des Menschen passt sich an die saisonalen Änderungen des Sonnenaufgangs an. Denn der Taktgeber des Körpers ist nicht die elektronische Uhr, sondern der Sonnenaufgang. Thomas Kantermann, einer der Autoren der Studie, sagte zu SPIEGEL ONLINE: "Unsere Ergebnisse zeigen, dass die Sommerzeitumstellung diese natürliche Anpassung der inneren Uhr verhindert."

Eine baldige Abschaffung der Sommerzeit, zum Beispiel auch durch den Alleingang eines Landes wie Deutschland, ist trotz aller Argumente dafür jedoch unwahrscheinlich: Die Sommerzeit ist eine vom Europäischen Parlament beschlossene Richtlinie. Die nächste Zeitumstellung findet am 30. März statt.

hda

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