Verhütung Natürliche Familienplanung ähnlich sicher wie Pille

Nicht jedes Paar will mit Kondomen oder Pille verhüten. Eine deutsche Studie zeigt, dass es genauso sicher sein kann, die Temperatur zu messen und den Schleim vom Gebärmutterhals zu beobachten. Nur: Die fruchtbare Phase kann sich länger hinziehen, als mancher glaubt.

Sex mit Kondomen ist ziemlich sicher. Zumindest wenn sie richtig angewendet werden. Damit kommt statistisch gesehen weniger als eine Schwangerschaft pro 100 Frauen im Jahr zustande. Bei der Pille ist das ähnlich. Doch viele Paare finden Sex ausschließlich mit Kondomen unsexy, und einige Frauen wollen ihrem Körper mit der Pille nicht täglich einen Hormoncocktail verabreichen. Es bleibt ihnen - unter anderem - die natürliche Verhütung. Doch allein die Temperaturschwankungen während des Zyklus genau zu messen, fällt vielen Frauen schwer, und die Methode führte aufgrund von Anwendungsfehlern nicht selten zu ungewollten Schwangerschaften.

Dieses Risiko nimmt deutlich ab, wenn die Frauen zusätzlich zur Temperatur den sogenannten Zervixschleim in der Scheide untersuchen. Diese Methode nennen Gynäkologen "Natürliche Familienplanung", kurz NFP. Wie gut NFP bei korrekter Anwendung hilft, haben jetzt Mediziner um Petra Frank-Herrmann von der Universitäts-Frauenklinik in Heidelberg untersucht. Die Wissenschaftler berichten in der aktuellen Ausgabe des Fachmagazins "Human Reproduction", dass nur eine von 250 Frauen bei korrekter Nutzung der bereits seit langem bekannten Methode schwanger geworden sei.

Die Studie basiert auf Daten von 900 Teilnehmerinnen, die in der Zeit von 1985 bis 2005 Angaben zu ihren Zyklen und zum Sexualverhalten machten. 322 Frauen wendeten ausschließlich NFP an, 509 nahmen an ihren fruchtbaren Tagen zusätzlich Verhütungsmittel. 69 Frauen machten keine Angaben zu ihrem Sexualverhalten.

Verhüteten die Teilnehmerinnen mit der natürlichen Methode und verzichteten während der fruchtbaren Zeit auf Sex, so lag die Rate für eine ungewollte Schwangerschaft bei 0,4 pro 100 Frauen. Bei denjenigen, die an den fruchtbaren Tagen Sex hatten und dabei zusätzliche Verhütungsmittel verwendeten, stieg die Rate auf 0,6.

"Das kann zwölf Tage und länger dauern"

"Alles was unter einem Prozent liegt, gilt derzeit als sicher", sagte Frank-Herrmann zu SPIEGEL ONLINE. "Die Methode ist also sehr erfolgreich, sofern sie richtig angewendet wird." Und darin liegt auch eines der Probleme: "Man kann das nicht in fünf Minuten lernen, sondern muss einen Kurs besuchen, ein Buch lesen oder sich genau im Internet informieren", meinte die Medizinerin.

Denn bei NFP messen die Frauen nicht nur ihre Temperatur, sie beobachten außerdem den Zervixschleim in der Scheide. Während der unfruchtbaren Zeit ist der kaum zu sehen, da er als Pfropf den Gebärmutterhals verschließt. An den fruchtbaren Tagen hingegen wird der Schleim flüssiger, glasig und milchig. Sobald das der Fall ist, oder der sechste Tag des Zyklus beginnt, befindet sich die Frau in der fruchtbaren Phase.

Und die ist mitunter recht lang: "Das dauert im Schnitt zehn bis zwölf Tage, es kann sich aber auch deutlich länger hinziehen", erklärte Frank-Herrmann und benennt damit das zweite Problem der Methode. Aufgrund der großen Zeitspanne greifen viele Nutzerinnen während der fruchtbaren Phase auf Kondome zurück. Beendet ist die erst Tage nach Auftreten des Schleims, und wenn die Frau drei Tage hintereinander höhere Temperaturen als in den sechs vorhergehenden Tagen gemessen hat.

"Natürliche Methoden haben immer noch diesen Außenseitertouch", betonte die Gynäkologin. "Aber den Bedarf dafür gibt es, gerade auch bei jüngeren Frauen." Das merkt sie vor allem bei ihren Vorlesungen: "Für junge Frau ist die Pille ja alltäglich, bei ihnen kommt diese Methode super an, denn sie lernen sehr viel über die natürlichen Vorgänge im Körper."

hei/dpa

Die Wiedergabe wurde unterbrochen.
Merkliste
Speichern Sie Ihre Lieblingsartikel in der persönlichen Merkliste, um sie später zu lesen und einfach wiederzufinden.
Jetzt anmelden
Sie haben noch kein SPIEGEL-Konto? Jetzt registrieren