
Prophezeiung: Endet die Welt am 21. Mai?
Weltuntergang Warum die Apokalypse am Samstag ausfällt
Es ist wieder einmal Weltuntergangszeit! Am kommenden Samstag soll es so weit sein. Das jedenfalls prophezeit der Amerikaner Harold Camping, nach eigenen Angaben Ingenieur im Ruhestand. Der Kalifornier hat die Bibel analysiert - und herausgefunden, dass am 21. Mai 2011 die sogenannte Entrückung (Englisch "rapture") stattfinden wird.
Demnach fahren am kommenden Wochenende alle wahren Gläubigen direkt in den Himmel auf. Die Ungläubigen müssen auf der Erde bleiben, die apokalyptische Endzeit erleben, schließlich sterben und in der Hölle landen. Fünf Monate später - am 21. Oktober 2011 - wird Gott dann übrigens das komplette Universum zerstören.
So weit, so absurd. Es gibt aber tatsächlich Menschen, die sich von Campings düsterer Prognose beeindrucken lassen und jetzt Angst haben. In Städten wie New York laufen Leute mit Plakaten durch die Straßen und verkünden das drohende Ende, auf Autostoßstangen warnen Aufkleber vor der Apokalypse.
Kaum zu glauben, aber einige Menschen folgen dem religiösen Fanatiker und bereiten sich auf den Untergang unserer Zivilisation vor. Dabei muss man sich nur mal ansehen, wie der gute Herr Camping auf dieses Datum gekommen ist. Dann wird schnell klar, wie abstrus die Vorhersage ist.
Sühne mal Vollständigkeit mal Himmel zum Quadrat
Campings Herleitung funktioniert so: Die Zahl 5 bedeutet seiner Meinung nach "Sühne", 10 ist die "Vollständigkeit" und 17 steht für "Himmel". Warum das so sein soll, weiß wohl nur Camping.
Weiter im Text: Jesus soll am 1. April des Jahres 33 gestorben sein. Zählt man die Jahre bis zum 1. April 2011, ergibt sich die Zahl 1978. Jetzt multipliziert Camping 1978 mit 365,2422. Warum? Weil 365,2422 die Anzahl der Tage in einem tropischen Jahr sei. Das ist der Zeitraum zwischen zwei Frühlingstagundnachtgleichen. Okay, das stimmt nicht ganz. Der korrekte Wert liegt bei 365,24219052 Tagen, beziehungsweise 365 Tagen, 5 Stunden, 48 Minuten und 45,261 Sekunden.
1978 multipliziert mit 365,2422 ergibt dann 722449 - zumindest wenn man die Nachkommastellen vernachlässigt. Vom 1. April bis zum 21. Mai sind es 51 Tage. Addiert man 51 zu 722449, dann ergibt das 722500. Außerdem ergibt 5 mal 10 mal 17 multipliziert mit 5 mal 10 mal 17 ebenfalls 722500. Oder, wie Camping es sagt: "Sühne mal Vollständigkeit mal Himmel zum Quadrat".
"5 mal 10 mal 17 erzählt eine Geschichte", sagte Camping dem "San Francisco Chronicle". "Es ist die Geschichte der Zeit, als Christus für unsere Sünden starb bis zu unserer kompletten Erlösung. Ich sagen Ihnen, ich bin fast vom Stuhl gefallen, als ich das entdeckte."
Und deswegen geht nun am 21. Mai die Welt unter. Sagt Camping.
Ernsthaft: Wer lässt sich von solchen Zahlenspielereien überzeugen? Mit dieser Rechenmethode kann man jedes beliebige Datum zum Tag des Weltuntergangs machen. Das fängt schon mit der relativ willkürlichen Zuweisung der Bedeutungen der Zahlen an und hört mit der ebenso willkürlichen Vernachlässigung von Nachkommastellen auf. Mit Rechnungen dieser Art bekommt man jedes Ergebnis, das man möchte. Darum sind sie bei Pseudowissenschaftlern, religiösen Fanatikern und Esoterikern ja auch so beliebt.
Gib mir fünf!
Ein Beispiel gefällig? Gerne! Los geht's:
- Die Zahl 4 steht für Glück (Kleeblatt!),
- die Zahl 5 steht für Geben (Gib mir fünf!),
- die Zahl 73 für Herzlichkeit (bei den Funkern bedeutet 73 "Viele Grüße"),
- die 503 steht für Wünsche, die durch Geld erfüllt werden. Denn 503 entspricht 500 plus 3; 500 steht für den Geldschein mit dem höchsten Wert (500 Euro), die Zahl 3 für die klassischen drei Wünsche.
Jesus wurde am 25. Dezember geboren, auch wenn dieser Tag mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht tatsächlich sein Geburtstag war. Jedenfalls sind seitdem 2011 Jahre vergangen.
Multipliziert man diese Zahl mit 365,25636 (die Anzahl der Tage in einem siderischen Jahr), dann ergibt das 734530. Um vom 25. Dezember 2011 bis zum 28. Juli 2011 zu kommen, muss man 150 Tage abziehen. 734530 minus 150 ergibt 734380.
Und jetzt kommt's: 4 mal 5 mal 73 mal 503 ist ebenfalls genau 734380!
4 mal 5 mal 73 mal 503 erzählt also eine Geschichte. Die Geschichte davon, wie ich ganz viel Glück habe und mir am 28. Juli 2011 ganz viele Menschen ganz viel Geld geben, damit ich mir meine Wünsche erfüllen kann. Ich bin fast vom Sessel gefallen, als ich das herausgefunden habe. Immerhin ist der 25. Dezember der Geburtstag von Jesus - und der 28. Juli ist mein Geburtstag! Die Bibel fordert also alle Gläubigen klar und deutlich dazu auf, mir am 28. Juli 2011 ganz viel Geld zu schenken! Erstaunlich, oder?
Facebook-Gruppe freut sich auf Plünderungen
Es gibt natürlich keinen Grund, den Unsinn zu glauben, den Camping verbreitet. Wer aber die Bibel nach seinem Vorbild wörtlich nimmt und für das absolute Wort Gottes hält, den wird man kaum vom Gegenteil überzeugen können - und der soll gerne darauf warten, dass er am Samstag in den Himmel fährt.
Inzwischen gibt es eine Gegenbewegung, die Campings These auf die Schippe nimmt. In den USA wollen Skeptiker und Atheisten am Samstag Apokalypse-Partys feiern. Auf Facebook hat sich eine Gruppe namens "Post rapture looting" ("Plünderung nach der Entrückung") gegründet. Das Motto: "Wenn alle weg sind und Gott nicht mehr hinsieht, werden wir ein paar nette Stereoanlagen klauen - und vielleicht ein paar neue Möbel für die Villa, die wir besetzen werden." Bis Freitag hatte sich schon rund eine halbe Million Facebook-Mitglieder angemeldet.
Harold Camping hat übrigens 1992 ein Buch geschrieben. Es trägt den Titel "1994?". Darin erklärt er, dass 1994 die Entrückung stattfinden wird und die Gläubigen direkt in den Himmel auffahren, während der Rest der Menschheit sterben muss. Klingt bekannt, oder? Camping hat den Zeitpunkt damals ganz genau "berechnet", unter anderem basierend auf der Anzahl der Fische, die Jesu Jünger im See Genezareth gefangen haben. Heute meint er, dass er sich damals geirrt hat. Aber das mit dem 21. Mai soll jetzt wirklich stimmen.