Zellverjüngung Wissenschaftler stellen Sehkraft von Mäusen wieder her

Bei altersschwachen Mäusen konnten Forscher die Zellregeneration wieder in Gang setzen – anschließend konnten die Tiere besser sehen. Langfristig hoffen die Experten auf Therapien für Menschen.
Maus mit rötlichem Auge: Cocktail von vier Proteinen zur Zellverjüngung

Maus mit rötlichem Auge: Cocktail von vier Proteinen zur Zellverjüngung

Foto: Lena Ivanova / EyeEm / Getty Images

Der Harvard-Wissenschaftler David Sinclair gilt als Mensch, der ein Problem mit dem Altern hat. Seit Langem arbeitet der 51 Jahre alte Genetik-Experte daran, die Mechanismen in Zellen zu verstehen, die uns älter werden lassen. Er wolle mit seiner Forschung die Zahl der gesunden Jahre erhöhen, hatte Sinclair in einem Gespräch mit dem SPIEGEL  einmal gesagt.

Offenbar ist ihm das nun zumindest bei Mäusen gelungen. Durch Zellverjüngung konnte Sinclairs Team von der Harvard Medical School das Sehvermögen der Nager wiederherstellen. Das berichtet die Fachzeitschrift "Nature" .

Die Forscher konnten die Zellen umprogrammieren. Ihr Konzept basiert auf der sogenannten epigenetischen Uhr. Dabei kann das Alter eines Menschen anhand bestimmter Merkmale auf der DNA abgelesen werden. Hier spielen bestimmte Methylgruppen eine Rolle, die sich an die Erbsubstanz heften und steuern, welche Gene an- oder abgeschaltet werden. Im Laufe unseres Lebens verändert sich dieser Prozess, denn manche Gene sind nur in bestimmten Teilen des Lebens aktiv. Bestimmte Fähigkeiten gehen uns dabei verloren, beispielsweise können sich Zellen nicht mehr so gut selbst reparieren, wenn wir alt werden.

Durch einen Cocktail von vier Proteinen konnten die Forscher den Zellen diese Fähigkeit wieder zurückzugeben. Sie injizierten Mäusen mit einer Sehnervschädigung drei der vier Proteine des Cocktails – das versetzte sie zurück in einen jüngeren Zustand.

Tests zeigten, dass die Hälfte der durch den erhöhten Augeninnendruck verlorenen Sehschärfe wiederhergestellt wurde. Ähnlich vielversprechende Ergebnisse bot die Behandlung bei Mäusen mit altersbedingtem grünem Star. Nachdem der Cocktail injiziert worden war, verbesserte sich das Sehvermögen der Mäuse. Sie reagierten auf optische Reize und konnten sich anhand von Mustern in einem Raum orientieren. Nebenwirkungen traten innerhalb des Studienjahrs nicht auf.

Das Verfahren bietet die Möglichkeit, die Zeit auf zellulärer Ebene effektiv zurückzudrehen und den Zellen dabei zu helfen, die Fähigkeit zur Heilung von Schäden wiederzuerlangen. »Ich freue mich darüber, Organe und Gewebe verjüngen zu können, die aufgrund von Alter und Krankheit versagen«, sagte Sinclair.

Langfristig Therapien gegen Glaukom?

Andrew Huberman, ein Neurowissenschaftler an der Stanford University, der nicht an der Studie beteiligt war, nannte die Ergebnisse »einen Meilenstein auf diesem Gebiet«. Zwar müssten diese in weiteren Tierversuchen bestätigt werden, bevor Menschen damit behandelt werden können. Aber es sei eine Ära angebrochen, die beweise, dass das Verständnis von neuralen Entwicklungsprozessen zu den Werkzeugen führt, um das gealterte oder geschädigte Gehirn zu reparieren.

Langfristig hofft Sinclair auch auf neue Therapien für Menschen. Er stellte die Behandlung von Glaukom (Grüner Star) in zwei Jahren in Aussicht. Allerdings ist noch unklar, ob die Methode bei allen Gewebearten funktioniert.

joe/AFP
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