Zukunftsvision Organe aus dem 3-D-Drucker

Seine Gummiente kann man sich mit 3-D-Druckern bereits kopieren. Inzwischen träumen Wissenschaftler davon, Körpergewebe und Organe zu drucken. Die ersten Schritte haben sie bereits getan - mit relativ einfacher Technologie.

Den Sprung von der zweiten in die dritte Dimension haben Drucker bereits genommen. Erst kürzlich bot ein US-Unternehmen erstmals einen relativ preiswerten 3-D-Drucker für den Heimgebrauch an. Damit lassen sich beispielsweise selbst entworfene Vasen, Schüsseln oder auch Teller ausdrucken. Der einzige Nachteil: Es ist alles aus Plastik.

Ein großer Traum von Wissenschaftlern ist es, irgendwann einmal auch menschliches Gewebe oder sogar Organe auf diese Weise herzustellen. Neue Leber gefällig? Einfach die Vorlage aus dem Internet herunterladen, die Druckerpatrone mit Stammzellen füllen und dann auf "Drucken" klicken. Zugegeben, bis diese Vision Wirklichkeit wird, dürfte noch einige Zeit vergehen. Die ersten Gehversuche beim "Organ-Printing" haben Forscher aber schon unternommen.

Paul Calvert von der University of Massachusetts Dartmouth hat gängige Tintenstrahldrucker so umfunktioniert, dass er damit Zellen drucken konnte: Die Tintenpatronen lud er mit Zellen; den Papiereinzug ersetzte er durch eine computergesteuerten Plattform, die die Probe unter der Spritzdüse plazierte.

Wie Calvert in der aktuellen Ausgabe des Fachmagazins "Science" (Bd. 318, S. 208) berichtet, war er mit Einzellern wie Bakterien oder Hefezellen schon recht erfolgreich. Im nächsten Schritt druckte er tierische und menschliche Zellen aus und untersuchte, wie viele Zellen den Druckprozess lebend überstanden. Dabei zeigten sich große Unterschiede unter den tierischen Zellen - und das nicht nur beim Drucken, sondern schon bei der Vorbereitung.

Um Zellen zu drucken, müssen sie vorher präpariert werden, berichtet Calvert. Dazu verwendete er eine Pufferlösung, die die Zellen schrumpfen ließ, um eine Verstopfung und Beschädigung der Düse des Druckers zu verhindern. Je höher die Konzentration des Puffers, desto kleiner werden die Zellen und desto leichter sind sie druckbar. Zu hohe Konzentrationen allerdings beschädigen die Zellen. Um die Zellen beim Druckprozess mechanisch zu schützen und am Leben zu halten, brauchen sie auch eine geeignete Nährlösung. Je konzentrierter diese allerdings ist, desto dickflüssiger wird die Flüssigkeit wieder - und desto kniffliger das Drucken.

Zellen waren unterschiedlich stark empfindlich

Ein Testobjekt Calverts - Eierstockzellen chinesischer Hamster - stellten sich dabei als sehr empfindlich heraus: Schon 20 Prozent der Zellen wurden bei der Aufbereitung in Phosphat-Pufferlösung beschädigt, beim anschließenden Drucken nochmals einige Prozent. Menschliche Stammzellen waren noch empfindlicher gegenüber Erhöhungen der Pufferkonzentration. Bindegewebszellen hingegen erwiesen sich als recht stabil: Mindestens 95 Prozent überlebten die Prozedur.

Auch bei der Druckauflösung gibt es Fortschritte: Anderen Wissenschaftlern sei es bereits gelungen, Hamster-Eierstockzellen in Linien von 50 Nanometern Breite zu drucken, erklärt Calvert. Alles in allem sei möglicher Schaden während des Druckprozesses aber nicht das Hauptproblem. Es sei nur eine Frage der Verfeinerung der Technik, bis das Drucken von Zellen zur Routine werde.

Die Stärke des Zelldruckens, so Calvert, liege in der Möglichkeit, feinste Muster im Mikrometerbereich herzustellen. Er blickt optimistisch in die Zukunft: Wenn es gelinge, den Druckkopf über eine Schicht von Zellen zu manövrieren und die nötigen Stoffe in der richtigen Reihenfolge zu drucken, sollte es möglich sein, dreidimensionale Körpergewebe wie Knochen, Bänder, Knorpel und Augen-Hornhäute zu erzeugen. Um ein funktionierendes Organ zu drucken, müsse man aber erst noch durchschauen, wie die Zellen miteinander kommunizierten.

lub

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