Satellitenbild der Woche Am See des Pharaos

Der vom Nil gespeiste Nassersee in Ägypten ist einer der größten künstlichen Seen der Welt. Doch ein gigantisches Talsperrenprojekt flussaufwärts bedroht die lebensspendende Oase.
Der Nassersee im Süden von Ägypten ist einer der größten künstlichen Seen der Welt

Der Nassersee im Süden von Ägypten ist einer der größten künstlichen Seen der Welt

Foto: NASA Earth Observatory/ Joshua Stevens/ U.S. Geological Survey

Der Nil bestimmt das Leben der Menschen in Ägypten seit Tausenden von Jahren. Er hat etwas Magisches: Sein Wasser lässt an den Ufern üppiges Grün sprießen, ein paar Meter weiter wirft das trockene Land nur Staubwolken in die Luft.

Schon den alten Ägyptern bescherten die Nilüberschwemmungen reiche Ernten. Doch blieb das Hochwasser mal weg oder fiel geringer aus als üblich, drohten Dürren und magere Ernten. Im Grunde ist das bis in die Neuzeit so geblieben.

Doch dann kam Gamal Abdel Nasser. Der bis heute in der arabischen Welt hochverehrte Staatspräsident plante in den Fünfzigerjahren einen Staudamm der Superlative. Das Bauwerk im Süden des Landes sollte nicht nur die Fluten des Nil zähmen, sondern Ägypten mit einem Schlag in die Moderne katapultieren.

Der Damm versprach grünere und größere Felder. Außerdem sollten Turbinen an der Staumauer die Region mit Elektrizität versorgen - bis nach Kairo wird der Strom geleitet.

3,8 Kilometer lange Staumauer

Ein Jahrzehnt lang dauerte es, die 111 Meter hohe und 3,8 Kilometer lange Staumauer südlich von Assuan zu bauen. 44 Millionen Kubikmeter Erde und Gestein wurden dafür bewegt.

Als Nasser zusammen mit anderen Staatschefs am 14. Mai 1964 einen Schalter betätigte, füllte sich einer der größten künstlichen Seen der Welt: der Nassersee. Erst 1976 hatte das Prestigeprojekt seinen geplanten Wasserstand erreicht, da war Gamal Abdel Nasser schon tot.

Der Stausee erreicht unglaubliche Dimensionen: Er ist fast 500 Kilometer lang, das entspricht ungefähr der Luftlinie zwischen Hamburg und Prag. Im Süden reicht er bis in den Sudan - hier heißt er Nubia-See.

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Foto: MOHAMED EL-SHAHED/ AFP

Das Wasser des Sees hat die landwirtschaftlichen Flächen in der Region vergrößert und mehrere Ernten pro Jahr ermöglicht. Aber mit dem See kamen auch unerwünschte Nebeneffekte. Ohne Dünger geht es nicht, denn der fruchtbare Nilschlamm erreicht die Felder nicht. Stattdessen sinkt er ab und lagert sich auf dem Grund des Sees an.

Die Aufnahme des Erdbeobachtungssatelliten "Landsat 8" oben zeigt eindrücklich, welche Dimensionen der See selbst aus rund 700 Kilometer Höhe einnimmt. Das Bild der Nasa ist eigentlich eine Fotomontage. Mehrere Satellitenbilder aus der Zeit zwischen 2013 und 2020, auf denen keine Wolken zu sehen sein durften, wurden dafür zusammengesetzt.

Streit ums Wasser

Seit einiger Zeit schrumpft der See allerdings teils erheblich, denn in der regenarmen und heißen Region verdunstet viel Wasser. Der Wasserstand ist normalerweise im November während der Hochwassersaison am höchsten und im Juli während der Trockenzeit am niedrigsten.

Die Ägypter sind auch noch aus einem anderen Grund in Sorge um ihren See. Die Grand-Ethiopian-Renaissance-Talsperre droht zum Problem zu werden. Das im Bau befindliche Projekt am flussaufwärts gelegenen Blauen Nil soll nicht nur Afrikas größtes Wasserkraftwerk werden. Es wird, so befürchtet man in Ägypten, dem Nassersee auch das Wasser rauben.

Tatsächlich zeigten Untersuchungen, dass der äthiopische Damm in trockenen Jahren zu einem Bewässerungsdefizit für Ägypten und einem Rückgang der Fischerei führen könnte. Gamal Abdel Nasser, der vielleicht letzte Pharao Ägyptens, wäre nicht erfreut.

joe

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