Alaska Orcas töten massenweise Grauwalbabys
Sie trennen ein Grauwalkalb von seiner Mutter, ziehen es unter Wasser, verstopfen das Blasloch - Orcas machen systematisch Jagd auf junge Grauwale. Das zeigt eine vierjährige Studie vor Alaska. Nur ihre Mutter kann die Jungwale retten.
Einem Drama vor den Küsten Alaskas sind Meeresbiologen auf die Spur gekommen: Orcas fallen dort in jedem Frühjahr vor Unimak Island, der östlichsten Insel der Aleuten, über Grauwale her. Sie jagen die neugeborenen und einjährigen Wale, die mit ihren Müttern zu dieser Jahreszeit in die fischreiche Beringsee ziehen, berichten die Biologen im Fachmagazin "Marine Ecology Progress Series" . Mehr als 150 der auch Schwert- oder Killerwale genannten Orcas sichteten sie in der Region. Die Tiere ernährten sich gut einen Monat lang nur von Grauwalen. Nach vierjähriger Beobachtung schätzen die Forscher um Lance Barret-Lennard von kanadischen Vancouver Aquarium, dass ein Drittel der Jungtiere den Schwertwalen zum Opfer fällt - obwohl die Kälber größer sind als die Jäger.
Die Orcas arbeiten zusammen, um ein Kalb zu erlegen: Mehrere Schwertwale versuchen, ein Grauwalkalb von seiner Mutter zu trennen. Ist ihnen das gelungen, beißen sie dem Kalb in die Brustflosse, um es unter Wasser zu ziehen, andere Schwertwale schwimmen über sein Blasloch - so ertränken sie das Tier. Eine Chance hat das Grauwaljunge nur, wenn die Mutter es aggressiv verteidigt, oder wenn es sich in sehr flache Gewässer flüchten kann. Die Schwertwale greifen die Herden bevorzugt in 10 bis 40 Meter tiefem Wasser an, erreichen die Grauwale nur drei bis fünf Meter tiefe Gebiete, können sie die Verfolger abschütteln.
Orcas legen Vorräte an
"Walfänger wissen seit Jahrhunderten, dass Schwertwale andere Wale jagen, töten und fressen können, die viel größer sind als sie selbst", sagt Lance Barrett-Lennard. "Aber solche Ereignisse werden nur selten beobachtet. Daher war es schwer zu bestimmen, wie häufig so etwas passiert, wie die Schwertwale das überhaupt schaffen und welche Auswirkungen das auf die Populationen der Beutetiere hat."
Die Meeresbiologen beobachteten zudem, dass die Schwertwale Kadaver für ein späteres Fressen lagern. Diese Lagerhaltung sei bei Meereslebewesen zuvor noch nie beobachtet worden. Die Jäger schleppen die toten oder sterbenden Wale in flacheres Wasser, damit die Kadaver nicht in unerreichbare Tiefen hinabsinken. Erst nach 24 Stunden oder sogar noch später kämen sie wieder, um den Rest ihrer Beute zu fressen. Oft würden die Kadaver oder Teile davon allerdings an Land gespült und von anderen Tieren gefressen. Die Forscher beobachteten einmal, wie sich gleich 19 Braunbären über einen Wal hermachten.
Es ist schon länger bekannt, dass verschiedene Schwertwal-Populationen unterschiedliche Beute bevorzugen: Die in Küstennähe lebenden, sesshaften Orcas ernähren sich vor allem von Fisch, wandernde Schwertwale fressen dagegen Meeressäugetiere. Manche Orca-Herden sind fast nie in Küstennähe zu sehen, über ihr Verhalten wissen die Biologen bisher kaum etwas.
wbr/dpa