Amazonas Tod der Giganten macht Pflanzenwelt zu schaffen

Kaum tauchte der Mensch in Amerika auf, waren Mammut, Mastodon und Riesenfaultier verschwunden. Jetzt zeigt eine Studie am Beispiel der Amazonas-Region, wie wichtig die Giganten für die Pflanzenwelt waren - und dass ihr Tod bis heute Folgen hat.
Amazonas-Regenwald: Seitdem die großen Weidetiere fehlen, verteilen sich Nährstoffe weitaus schlechter (Archivbild)

Amazonas-Regenwald: Seitdem die großen Weidetiere fehlen, verteilen sich Nährstoffe weitaus schlechter (Archivbild)

Foto: HO / Reuters

Das Tiersterben vor etwa 12.000 Jahren hatte einer Studie zufolge massive Auswirkungen auf die Pflanzenwelt am Amazonas. Demnach verursachte das Verschwinden von Großtieren einen drastischen Nährstoffmangel, von dem sich die Region bis heute nicht erholt hat. Dieses Schicksal könne auch anderen Gegenden drohen, in denen Großtiere aussterben, schreiben die Wissenschaftler um Christopher Doughty von der Universität Oxford im Fachjournal "Nature Geoscience". 

Rüsseltiere, Riesenfaultiere und Riesengürteltiere von der Größe eines Kleinwagens: Vor der Ankunft des Menschen tummelte sich in Südamerika reichlich Großwild. Für das Ökosystem übernahm diese Megafauna eine wichtige Funktion als Nährstoffverteiler. Denn die meisten Nährstoffe gelangen aus den Anden über Flüsse in das westliche Amazonasbecken. Fernab der Wasserströme herrscht dagegen in den übrigen Regionen ein Mangel.

"Arterien des Düngers"

Gerade durch ihre Größe und die damit verbundene Reichweite verteilten die großen Tiere Nährstoffe, entweder mit ihrem Kot oder aber - wenn sie starben - durch ihren Körper. "Vereinfacht ausgedrückt, je größer das Tier, desto größer seine Rolle beim Verteilen von Nährstoffen", sagt Doughty. "Die großen Tiere sind für den Planeten vergleichbar mit Arterien des Düngers."

Gegen Ende des Pleistozäns, bei der Ankunft des Menschen vor rund 12.000 Jahren, starben in Südamerika 64 solche Arten aus - mit einem Durchschnittsgewicht von fast 1200 Kilogramm echte Schwergewichte. Die Lebensräume der Tiere schrumpften von durchschnittlich rund 60 auf nur noch sieben Quadratkilometer.

Nur Afrikas Pflanzenwelt verkraftet Artensterben

Damit blieben die Nährstoffe vermehrt an den Flussufern oder in Überschwemmungsgebieten zurück. Jenseits davon sank die Verteilung etwa von Phosphor um mehr als 98 Prozent, schätzen die Forscher mit Hilfe eines mathematischen Modells.

Nicht nur am Amazonas dünnte die Pflanzenwelt seit dem Ende des Pleistozäns stark aus. Auch in Nordamerika verschwanden zahlreiche große Tiere wie das Mastodon oder das Mammut. Die genauen Ursachen sind bis heute ungeklärt. Das Aussterben der großen Pflanzenfresser habe dazu geführt, dass es "viel mehr nährstoffarme Regionen" auf der Welt gebe, sagt Christopher Doughty. Davon seien alle Kontinente betroffen, lediglich Afrika bilde eine Ausnahme.

Mit dem Verfahren könne man die ökologischen Folgen beim Verschwinden von Großtieren wie etwa Nashörnern oder Elefanten abschätzen. "Unser Modell ermöglicht Kalkulationen, wie stark ein Aussterben die Fruchtbarkeit einer Landschaft beeinflusst, die einst von dieser Art bewohnt wurde", sagt Doughty.

che/dpa/AFP
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