Antarktis Forscher entdecken 91 Vulkane unterm Eis

Überraschung in der Antarktis: Versteckt unter kilometerhohem Eis haben Forscher Dutzende bislang unbekannte Vulkane gefunden. Bei Eruptionen droht eine starke Schmelze - die Meeresspiegel könnten ansteigen.
Eisschild durchbrochen von Berggipfeln in der westlichen Antarktis

Eisschild durchbrochen von Berggipfeln in der westlichen Antarktis

Foto: Mario Tama/ Getty Images

Britische Forscher haben die Region mit der wohl höchsten Vulkandichte der Erde entdeckt. Das Netzwerk aus insgesamt 138 Vulkanen liegt überwiegend unsichtbar unter der im Schnitt zwei Kilometer dicken Eisschicht der Antarktis. 91 der Vulkane waren bisher nicht bekannt. Die Forschungsergebnisse wurden nun in den Sonderpublikationen der Geological Society  veröffentlicht.

"Die große Frage ist: Wie aktiv sind die Vulkane? Wir müssen das so schnell wie möglich herausfinden", sagte der Geowissenschaftler Robert Bingham von der Edinburgh University zum "Guardian" . "Alles, was ein Schmelzen des Eises hervorruft - und ein Vulkanausbruch würde das definitiv tun - würde den Eisfluss ins Meer beschleunigen", so Bingham weiter. Dadurch könnte der Meeresspiegel weiter ansteigen.

Im vergangenen Jahrhundert hatten mehrere Polarforscher Gipfel aus Basaltgestein beschrieben, die aus dem Eis herausragen. Und 2008 hatten britische Forscher auf einen Vulkan in der Antarktis hingewiesen, der vor 2200 Jahren ausgebrochen sein soll. Die Wissenschaftler vermuteten bereits damals, dass eine Eruption zur Eisschmelze in der Antarktis beitragen könnte. Zudem haben die Vulkane offenbar vielen Lebewesen geholfen, in der Antarktis Eiszeiten zu überstehen.

"Wir waren erstaunt"

Die Forscher der Edinburgh University wollten nun herausfinden, wie viele Vulkane versteckt unter dem Eis liegen. Sie suchten zunächst nach weiteren kegelförmigen Auswölbungen, die aus dem Eis über der westlichen Antarktis hinausragen, die etwa so aussehen wie freiliegende Vulkankrater. Wenn die Vulkane jedoch vollständig von Eis bedeckt sind, verrät die Eisoberfläche nichts von den darunterliegenden Kratern.

Die Wissenschaftler werteten deshalb Radarsignale vorheriger Studien aus, die die Eisdecke durchdringen und dadurch mögliche Basaltfelsen offenbaren können. Die Forscher verglichen die Ergebnisse daraufhin mit Satellitendaten und Informationen aus anderen Studien. So entdeckten die Forscher die 91 bisher unbekannten Vulkane.

"Wir waren erstaunt. Wir hatten nicht damit gerechnet, eine so große Anzahl an Vulkanen zu finden", so Bingham. Insgesamt erstrecken sich die Vulkane über etwa 3500 Kilometer zwischen dem Antarktischen Ross-Schelfeis und der Antarktischen Halbinsel. Die Eisdecke über den Vulkanen ist bis zu vier Kilometer dick. Die Forscher vermuten, dass unter der Eisdecke noch deutlich mehr Vulkankegel stecken könnten als die nun bekannten 138.

Größte Vulkandichte

"Ich denke, es ist wahrscheinlich, dass diese Region die höchste Vulkandichte der Welt hat - größer als die in Ostafrika, wo der Nyiragongo, Kilimandscharo, Longonot und andere aktive Vulkane konzentriert sind."

Die kleinsten der antarktischen Vulkane sind nur etwa 100 Meter hoch, doch der größte ragt 3850 Meter in die Höhe. Damit ist er fast so hoch wie der Eiger in den Schweizer Alpen. Bisher wissen die Forscher nicht, ob einer von ihnen noch aktiv sein könnte.

Sollte es zu einer Eruption kommen, wäre diese nicht unbedingt auf der Oberfläche der Eisdecke erkennbar. Allerdings würde das Eis direkt über dem Vulkan schmelzen, was zu einem Anstieg des Meeresspiegels führen könnte, so die Forscher. Außerdem könnte die Eisdecke deutlich destabilisiert werden.

Die Forscher warnen, die Vulkane könnten aktiver werden, wenn die Eisdecke in der Antarktis weiter abnimmt. Bisher lägen die meisten aktiven Vulkane in Regionen, die erst nach der letzten Eiszeit von ihrer Gletscherdecke befreit worden sind. "Eine Theorie ist, dass ohne die Eisdecke der Druck in der Region nachlässt und die Vulkane daraufhin wieder aktiv werden", so Bingham. Die Forscher könnten deshalb nur hoffen, dass ihre Entdeckung keine unheilvollen Nachrichten mit sich bringt.

koe
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