Pannenserie vor Alaska Shell stoppt Arktis-Ölbohrungen

Technische Pannen, hohe Kosten, Widerstand der Umweltschützer: Die Probleme in der Arktis sind für Shell offenbar zu groß. Der Konzern gibt nun bekannt, dass es in diesem Jahr keine Ölbohrungen mehr vor Alaska geben wird.
Protest gegen Shell (Prag, Mai 2012): Konzern pausiert bei Arktis-Bohrungen

Protest gegen Shell (Prag, Mai 2012): Konzern pausiert bei Arktis-Bohrungen

Foto: DAVID W CERNY/ REUTERS

Hamburg - Eine ganze Serie von Pannen hatte die Shell-Ölmanager zuletzt in der Arktis beschäftigt: Die Bohrinsel "Kulluk" lief um den Jahreswechsel auf Grund. Das von Umweltschützern als "rostig" und "veraltet" geschmähte Ölbohrschiff "Noble Discoverer" fiel bei einer technischen Untersuchung der US-Küstenwache durch und hat außerdem Probleme mit seinem Antriebssystem. Und als ob das nicht reichen würde, gab es auch noch Schwierigkeiten mit dem Eisbrecher "Arctic Challenger". Der soll eigentlich im Falle eines Lecks eine Ölpest verhindern.

Nun hat der niederländisch-britische Ölkonzern die Konsequenzen aus den Problemen gezogen. Shell   hat entschieden, die umstrittenen Bohrungen in der Beaufortsee und der Tschuktschensee nordöstlich vor Alaska für mindestens ein Jahr aussetzen. Es ist ein Vorstoß, der nicht unbedingt unerwartet kommt, weil die Firma zuvor schon Wartungsarbeiten an "Kulluk" und "Noble Discoverer" bekanntgegeben hatte. Die Pause solle genutzt werden, um "Ausrüstung und Pläne für eine Wiederaufnahme der Arbeiten zu einem späteren Zeitpunkt vorzubereiten", erklärte das Unternehmen in einer Pressemitteilung .

"Wir haben in Alaska einige Fortschritte gemacht. Aber dies ist ein Langzeitprojekt, das wir in einer sicheren und angemessenen Weise fortführen", so Shell-Präsident Marvin Odum. Der Ölkonzern hatte seit den fünfziger Jahren an der Erschließung von Ölfeldern vor Alaska gearbeitet, zog sich aber 1997 vorübergehend aus der Region zurück. Im Jahr 2001 sicherte sich das Unternehmen dann wieder Rechte zur Ausbeutung riesiger Unterwassergebiete. Es heißt, dass Shell in den vergangenen Jahren 4,5 Milliarden Dollar in das Alaska-Projekt investiert habe. Zwei Bohrungen wurden im vergangenen Jahr in der Beaufortsee und der Tschuktschensee durchgeführt.

Alaskas Politiker hoffen, dass es schnell weitergeht

In der Arktis locken große Gas- und Erdölvorkommen. Das macht die Region für internationale Konzerne interessant. Umweltschützer befürchten durch solche Förderprojekte schwere Schäden in dem sensiblen Ökosystem. Gerade Shell hatte sich die Wut der Ökoaktivisten zugezogen, die nun den Bohrstopp bejubeln.

Auch Firmen wie ConocoPhillips   und Statoil   wollen ab 2014 beziehungsweise 2015 in der Tschuktschensee bohren - und dürften nun interessiert zusehen, wie Shell weiter vorankommt. Die vergleichsweise teure Förderung in der Arktis soll sich schließlich auch in Zeiten sinkender Preise durch den Boom von Schiefergas und -öl in den USA rechnen. Für die russische Arktis interessieren sich unter anderem Gazprom und seine internationalen Partner.

Die Zeitung "Alaska Dispatch"  zitiert die Umweltschützerin Marilyn Heiman vom Arktis-Programm der Organisation Pew Trust mit der Aussage, die Ölförderung weit vor der Küste Alaskas sei deutlich komplizierter als gedacht. "Und ich glaube, dass jeder das mittlerweile mit in die Rechnungen einbezieht", so Heiman. Nicht nur das Bohren selbst sei schwierig, sondern auch die Arbeit unter arktischen Bedingungen insgesamt.

Die Umweltorganisation Oceana erklärte , Shell sei "offenkundig nicht vorbereitet" auf die Arbeit in arktischen Gewässern. Politiker wie Alaskas republikanischer Gouverneur Sean Parnell hoffen dagegen auf eine schnelle Wiederaufnahme der Arbeiten. Ähnlich äußerte sich seine Parteikollegin Lisa Murkowski: Das Bohrprogramm biete "große Vorteile für den Staat Alaska und die gesamte Nation".

chs/AFP
Die Wiedergabe wurde unterbrochen.
Merkliste
Speichern Sie Ihre Lieblingsartikel in der persönlichen Merkliste, um sie später zu lesen und einfach wiederzufinden.
Jetzt anmelden
Sie haben noch kein SPIEGEL-Konto? Jetzt registrieren
Mehrfachnutzung erkannt
Bitte beachten Sie: Die zeitgleiche Nutzung von SPIEGEL+-Inhalten ist auf ein Gerät beschränkt. Wir behalten uns vor, die Mehrfachnutzung zukünftig technisch zu unterbinden.
Sie möchten SPIEGEL+ auf mehreren Geräten zeitgleich nutzen? Zu unseren Angeboten