Artenschutzkonferenz Regierungen geben Rhinos zum Abschuss frei

Die Artenschutzkonferenz in Bangkok hat beschlossen, dass Südafrika und Namibia die Jagd auf Nashörner wieder eröffnen dürfen. Artenschützer reagierten entsetzt: Von einem "Todesurteil für Nashörner und Leoparden" ist die Rede.

Auf Antrag von Südafrika und Namibia dürfen Trophäenjäger in den beiden Ländern wieder die extrem seltenen Spitzmaulnashörner jagen. Auch die Jagdquote für Leoparden wurde bei der Konferenz zum Washingtoner Artenschutzabkommen (Cites) in beiden Ländern auf gut das Doppelte heraufgesetzt. 250 Tiere dürfen jetzt in Namibia jährlich geschossen werden, 150 in Südafrika. In Namibia wird der Leopardenbestand auf 5500 bis 10.000 Tiere geschätzt, fundierte Studien fehlen aber. Die Zahl der Leoparden in Südafrika ist unbekannt; nur für drei Schutzgebiete gibt es Schätzungen, dort leben insgesamt 1350 Tiere.

Je fünf Spitzmaulnashörner werden künftig in Südafrika und Namibia zum Abschuss frei gegeben und als Trophäe im Sondergepäck enthusiastischer europäischer oder amerikanischer Großwildjäger enden. Diese sind bereit, dafür bis zu sechsstellige Dollarbeträge zu entrichten. Geld, auf das die beiden Länder nur ungern verzichten würden. Fünf Rhinozerosse - das klingt nach wenig, doch wenn es sich um eine extrem bedrohte Art wie das Spitzmaulnashorn handelt, macht es stutzig. Die Populationen der Art wurden in beiden Ländern gerade erst wieder mühsam auf jeweils gut tausend Tiere hochgepäppelt.

Wenig überraschend ist daher die entsetzte Reaktion von Artenschutzorganisationen. Die Konferenz, an der die Regierungen von 166 Ländern teilnehmen, kam mit dem Beschluss der Forderung Namibias nach einer Quote von fünf Tieren nach. Südafrika hatte eigentlich zehn gefordert, bekam jedoch ebenfalls nur fünf zugestanden. Skandalös und unverantwortlich sei die Entscheidung, schimpfen Tierschützer. "Die Staaten des Washingtoner Artenschutzabkommens haben heute dem Artenschutz einen Schlag ins Gesicht verpasst", so Daniela Freyer von der Pro Wildlife.

Freyer macht den beiden Staaten ohnehin schwere Vorwürfe. Namibia und Südafrika bekämpften seit Jahren strenge Schutzbestimmungen des Washingtoner Abkommens. Zum Beispiel hätten sie in den vergangen Jahren den Verkauf von Elfenbein aus Lagerbeständen durchgesetzt und damit die Gefahr der Wilderei auf Elefanten vergrößert.

Auch der Biologe Volker Homes vom Worldwide Fund for Nature ist enttäuscht, dass die Abschussquoten bewilligt wurden - vor allem im Fall von Südafrika. Obwohl der WWF anders als etwa Pro Wildlife Trophäenjagd nicht grundsätzlich ablehnt und sie in speziellen Fällen als ein mögliches Instrument zum Erhalt von Arten betrachtet, hält er die Freigabe für verfrüht. "Wir sind nicht davon überzeugt, dass die lokale Bevölkerung davon profitiert", erklärt Homes gegenüber SPIEGEL ONLINE. "Wir wissen auch nicht, wie der Selektionsprozess abläuft."

Zwar sollten nur alte, nicht mehr fortpflanzungsfähige Tiere zum Abschuss freigegeben werden. Doch es ist unklar, inwieweit das überwacht werden kann. Das wissenschaftliche Fundament für derartige Aktionen ist nach Ansicht Homes' fragwürdig. In Namibia gebe es zwar eine gesichertere Grundlage, aber auch hier hatte der WWF lediglich eine Abschussquote von zwei Tieren befürwortet - quasi als Pilotprojekt. Man begrüße jedoch, was die beiden Länder zum Artenschutz beigetragen hätten.

Südafrika und Namibia sind die beiden Staaten mit den größten Erfolgen bei der Bestandsicherung. Spitzmaulnashörner waren Mitte der neunziger Jahre bereits so gut wie ausgerottet. Heute leben in Afrika 97,6 Prozent aller Tiere in Südafrika, Simbabwe, Namibia und Kenia. Artenschützerin Freyer befürchtet, dass die Freigabe der Jagdquoten jetzt auch zu einem Aufflackern der Wilderei in anderen Ländern mit kleinerem Nashornbestand führt.

Und die Biologin warnt: Schon in den nächsten Tagen könnte es zu einer neuen Hiobsbotschaft für Nashörner kommen. Dann nämlich wird in Bangkok über einen Antrag Swazilands abgestimmt. Das kleine Königreich fordert nämlich die Aufhebung des absoluten Handelsverbotes für seine Breitmaulnashörner. In Swaziland leben gerade einmal 61 Tiere dieser Art.

Dominik Baur

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