Atheisten-Kampagne Deutsche Städte wollen keine gottlosen Botschaften auf Bussen

Glücklich leben ohne Gott: Mit solchen Botschaften wollen Atheisten auf Bussen in Köln, Berlin und München werben. Doch die Verkehrsbetriebe mauern. Berlin will gar keine religiöse Werbung zulassen und in Köln hat man derzeit andere Probleme. Nur in München ist man noch unentschlossen.

"Es gibt mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit keinen Gott. Ein erfülltes Leben braucht keinen Glauben" - dieser und noch zwei ähnliche Werbeslogans sollen bald auf Bussen in Berlin, München und Köln zu lesen sein. Das wünschen sich zumindest Philipp Möller und sechs weitere Personen. Das Ziel der atheistischen Vereinigung: den Millionen konfessionslosen Deutschen eine Stimme geben. Die sieben wollen damit die spektakuläre Atheisten-Buswerbung aus London nach Deutschland bringen.

Innerhalb kürzester Zeit hatte man die nötigen 19.500 Euro an Spenden zusammen und wollte die Werbung an jeweils drei Bussen in den drei Städten schalten. Doch es ergaben sich ungeahnte Hindernisse: Die Verkehrsbetriebe in Köln, München und Berlin lehnten die gottlose Werbung ab, sagen die Kampagnen-Betreiber. "Verkehrsbetriebe machen einen Rückzieher - jetzt erst recht!", titeln sie auf ihrer Website www.buskampagne.de .

"Von den Verkehrbetrieben in Berlin hieß es, dass sie unsere Kampagne nicht auf ihren Bussen zulassen werden", sagte Philipp Möller, Sprecher von buskampagne.de, im Gespräch mit SPIEGEL ONLINE. Die Kölner Verkehrsbetriebe zeigten sich zwar nicht völlig ablehnend, sagte Möller, wollten aufgrund der Probleme wegen des eingestürzten Stadtarchivs momentan von einer solchen Werbung aber absehen.

"Was in Spanien, Italien und den USA kein Problem ist, wird im aufgeklärten Deutschland zum Politikum", heißt es auf der Website der Kampagnen-Betreiber.

Petra Reetz, Sprecherin und Kommunikationschefin der Berliner Verkehrsbetriebe (BVG) begründete im Gespräch mit SPIEGEL ONLINE die Ablehnung: "Wir werden in Zukunft keinerlei religiöse oder weltanschauliche Werbung auf öffentlichen Berliner Transportmitteln mehr zulassen." Maßgeblich zu dieser Entscheidung beigetragen hat die umstrittene Aktion der christlichen Vereinigung "Pro Reli".

Atheismus und Religion

Mitte Januar hatten deren Vertreter öffentlich auf Berliner U-Bahnhöfen für ein Volksbegehren geworben, das zum Ziel hatte, den Religionsunterricht als Pflichtwahlfach an Berliner Schulen einzuführen. Die BVG gestattete die Aktion - was zu heftigen Reaktionen geführt hatte. "Wir haben nicht damit gerechnet, dass die Aktion die Gemüter so sehr erregen würde", sagt Reetz. "Wir waren da wohl ein bisschen blauäugig." Zukünftig wolle man daher Neutralität wahren. Es könne nicht Aufgabe eines Verkehrsunternehmens sein, über weltanschauliche Inhalte zu entscheiden. "Ich wüsste nicht, was ich Scientology entgegnen sollte, wenn die sich entschließen sollten, bei uns Werbung zu schalten", sagt Reetz.

Münchner Verkehrsbetriebe haben sich noch nicht entschieden

In Köln will man die Atheisten-Werbung derzeit auch nicht schalten: "Werbeziele, die mit weltanschaulichen, religiösen Inhalten prüfen wir im Einzellfall", sagte Joachim Berger, Pressesprecher der Kölner Verkehrs-Betriebe, im Gespräch mit SPIEGEL ONLINE. Zur Zeit jedoch stehe die im Falle der "irritierenden" Buskampagne nicht zur Debatte, da Köln wegen des Einsturz-Unglücks in Trauer sei.

"Daher prüfen wir den Fall zum jetzigen Zeitpunkt nicht weiter", sagt Berger. "Aber grundsätzlich wollen wir solche Werbung auch nicht ausschließen." In der Vergangenheit habe man bereits religiöse Werbung auf Verkehrsmitteln geschaltet - "diese waren jedoch eher unauffällig", sagt Berger.

In München hingegen ist die Entscheidung noch nicht gefallen - obwohl die Buskampagnen-Betreiber das auf ihrer Webseite schreiben. Die Münchner Verkehrsgesellschaft (MVG) hat die Agentur Ströer mit der Werbung auf ihren Transportmitteln beauftragt. Wolfram Willke, Fachbereichsleiter Bahn und Transportwesen, bei Ströer bestätigte auf Anfrage von SPIEGEL ONLINE, dass die Anfrage eingegangen sei. Diese werde von der Münchner Verkehrsgesellschaft derzeit aber noch geprüft.

"Es ist ein üblicher Prozess, dass heikle politische oder weltanschauliche Werbung nochmals geprüft und freigegeben wird", sagte Willke im Gespräch mit SPIEGEL ONLINE. Laut Willke ist noch keine Entscheidung darüber gefallen, ob die atheistische Werbung auf den Münchener Bussen geschaltet wird oder nicht. Jedoch lasse die MVG religiöse Werbung "nur eingeschränkt" zu. Seines Wissens habe es religiöse Werbung auf Münchener Bussen auch noch nie gegeben - "mit Ausnahme für Veranstaltungen, wie beispielsweise dem Weltkirchentag".

Die Kampagnen-Veranstalter sind enttäuscht von den Reaktionen: "Wir finden es schade, dass solch eine Aktion in Deutschland offenbar nicht so möglich ist wie in anderen Ländern", sagt Philipp Möller. "Das bedauern wir, aber wir bleiben am Ball."

Man habe die Aktion als Buskampagne geplant und wolle sie nach Möglichkeit auch so durchziehen. Derzeit frage man in anderen Städten an. Der Tenor sei aber eher ablehnend, so Möller. "Oft lautete die Begründung, dass die Kirchen sich angegriffen fühlen könnten", sagte Möller. Einen Plan B gib es daher schon: Sollte die Buskampagne nicht umsetzbar sein, werde man die gottlose Botschaft auf T-Shirts oder Plakaten unters Volk bringen.

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