Atommüllager Asse Verwirrung um Berichte über Leichenteile

Neue Aufregung um die Asse: Laut mehreren Presseberichten sollen in dem Atommülllager Leichenteile gelagert worden sein. Es geht um Gewebeproben zweier Arbeiter, die bei einem AKW-Unfall starben. Doch es gibt keinerlei Bestätigung für die Einlagerung.
Bundesumweltminister Sigmar Gabriel (SPD, links) in der Asse: Diskussionen über Einlagerung verstrahlter Asche

Bundesumweltminister Sigmar Gabriel (SPD, links) in der Asse: Diskussionen über Einlagerung verstrahlter Asche

Foto: ddp

Braunschweig/Hannover - An überraschende Nachrichten aus dem Atommülllager Asse sind die Deutschen mittlerweile beinahe gewöhnt. In dem Salzbergwerk lagern nicht nur Fässer mit leicht strahlendem Atommüll, sondern auch drei mal mehr Plutonium als gedacht, radioaktive Abfälle der Bundeswehr und hochgiftiges Arsen. All dies wurde erst bekannt, seit das Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) Anfang des Jahres den Betrieb des maroden, einsturzgefährdeten Bergwerks übernommen hat.

Mehrere Medien berichten nun, dass in dem Atommülllager auch die Asche von menschlichen Leichenteilen eingelagert worden sein soll. Diese stammt demnach von zwei Betriebsschlossern, die 1975 bei einem Unfall im Kernkraftwerk Gundremmingen in Bayern tödlich verunglückt waren.

Der Schlossermeister Otto H., 34, und sein Kollege Josef Z., 46, waren damals bei Reparaturarbeiten von heißem, unter Druck stehendem Dampf getroffen worden. H. war bereits im Kraftwerk verstorben, Z. einen Tag später im Krankenhaus. Es war der erste tödliche Unfall in einem deutschen Atomkraftwerk überhaupt. Verstrahlt wurden beide Männer nur in einem sehr geringen Maße. "Die anfänglich verbreitete Mutmaßung, die beiden Arbeiter seien einer tödlichen Dosis radioaktiver Strahlung ausgesetzt gewesen, erwies sich als unbegründet", schrieb etwa DER SPIEGEL damals. Als Todesursache gilt die Verbrühung durch extrem heißen Dampf .

Das Bayerische Landesamt für Umwelt bestätigte SPIEGEL ONLINE nun auch noch einmal, dass die Kontamination die beiden Männer nicht getötet habe. Die Strahlenbelastung habe weit unterhalb der gesetzlichen Grenzwerte gelegen. Bei der Obduktion der Männer seien auch Strahlenschützer anwesend gewesen. Ihr Fazit: Von den beiden Leichen geht keine Gefahr aus. Wegen der leicht erhöhten Radioaktivität seien die beiden Männer allerdings in verlöteten Zinksärgen auf einem bayerischen Friedhof bestattet worden.

Bei der Obduktion seien allerdings Organteile entnommen worden, die beim damaligen Asse-Betreiber GSF näher untersucht worden seien. Diese Proben, so heißt es beim Landesamt, dürften bestenfalls einige Gramm schwer gewesen sein. Was mit dem Material nach der Untersuchung geschehen ist, lässt sich derzeit nicht sagen. Es gäbe aber eigentlich keinen Grund die strahlungstechnisch für unbedenklich erklärten Gewebeproben speziell zu lagern. Normalerweise wären sie verbrannt worden.

Der Betreiber der Asse, das Bundesamt für Strahlenschutz (BfS), durchforstet die Akten nach entsprechenden Einträgen: "Wir gehen der Sache nach", sagt ein Sprecher. Die Gerüchte hatten bereits am Donnerstag im Parlamentarischen Untersuchungsausschuss zum Atommülllager Asse in Hannover für Aufregung gesorgt. Sie führten dazu, dass ein Ausschussmitglied den dort geladenen Zeugen, den ehemaligen Asse-Schachtleiter Günther Kappei, spontan fragte, ob er etwas von menschlicher Asche in der Asse wisse. "Ich habe darüber keine Kenntnis", sagte Kappei.

Die Grünen-Spitzenkandidatin Renate Künast erklärte, der Bericht über menschliche Überreste in der Asse lasse sie fassungslos zurück. Sie traue dem "atomaren Filz" einiges zu, "aber das übersteigt meine Vorstellungskraft", so Künast.

chs/hda/ddp/dpa
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