Gestrandete Meeressäuger Grindwale an Neuseelands Küste eingeschläfert

Gestrandete Meeressäuger: Grindwale an Neuseelands Küste eingeschläfert
Foto: Google EarthSchon Aristoteles beschrieb vor über 2300 Jahren unerklärbare Walstrandungen. Die Gründe für den scheinbaren Massenselbstmord bereiteten ihm Kopfzerbrechen. Auch heute kommen Walstrandungen regelmäßig vor. Vor allem in Neuseeland ist das Phänomen ein fast jährliches Ereignis. In der Nacht von Sonntag auf Montag sind dort 39 Grindwale am Farewell Spit gestrandet. Der Strandabschnitt an der Golden Bay der neuseeländischen Südinsel hat schon lange den Ruf eines Walfriedhofs. Und auch wenn die Bedingungen dort besonders gefährlich sind für umherziehende Säuger: Meeresbiologen vermuten, dass Sonneneruptionen bei solchen Ereignissen ebenso eine Rolle spielen könnten wie Marinemanöver oder von Menschen verursachte Unterwasserexplosionen.
Von den 39 in der Nacht zum Montag gestrandeten Grindwalen starben zunächst zwölf Tiere. Hitze, Austrocknung oder Kreislaufkollaps führten offenbar zum Tod. Der Rest der Wale musste vor Ort eingeschläfert werden. Laut der neuseeländischen Umweltbehörde war es Tierschützern unmöglich, sie zurück ins Meer zu befördern. Die zurückweichende und ungewöhnlich starke Flut hatte sie zu weit aufs Festland getragen. "Statt das Leiden der Tiere zu verlängern, haben wir beschlossen, sie einzuschläfern", sagte John Mason, ein Mitarbeiter der Umweltbehörde.

Gestrandete Säuger: Grindwale sterben an Küsten
Unklar ist, warum die Tiere sich in Küstennähe aufhielten. Denn die Nähe zum Festland ist für die rund sechs Meter langen Grindwale, wie für die meisten Meeressäuger, keineswegs ungefährlich. Mit einer Masse von einigen Tonnen leiden sie außerhalb des Wassers unter ihrem eigenen Körpergewicht.
"Durch Sonnenwinde verursachte Störungen im Erdmagnetfeld könnten den Orientierungssinn von Walen stören", sagt Meeresbiologe Boris Culik. Zwar gab es am 4. Januar eine Sonneneruption in Richtung Erde, doch erreicht sie uns erst am Dienstag - und erst dann wird sie kleinere Schwankungen im Erdmagnetfeld auslösen. Aber auch durch laute Geräusche unter Wasser werden Wale beeinträchtigt. "Die Tiere können so zumindest kurzzeitig taub und somit orientierungslos sein", erklärt Culik.
Sonar als Unterwasserkrach
Laute Marinemanöver, in denen Schallwellen für Sonar-Technik eingesetzt werden, wären solche Geräuschquellen. Sie können die Sinnesorgane von Walen sogar verletzen. Angaben des neuseeländischen Militärs deuten aber auf keine Übungen in den Gebieten rund um die Golden Bay in den letzten Wochen hin. Seismologische Messungen, bei denen Schallwellen von Druckluftexplosionen Aufschluss über Gesteinsformationen und Bodenschätze geben, sind als Ursache ebenso denkbar. Seit einigen Jahren untersucht ein US-Ölkonzern Meeresgebiete um Neuseeland auf mögliche Vorkommen. "Schiffe beschallen bei solchen Untersuchungen ein Gebiet über Tage intensiv", sagt Culik.
Wahrscheinlicher ist jedoch, dass die Beschaffenheit der Bucht selbst eine große Rolle bei den regelmäßigen Strandungen spielt. "Sie bildet einen Kreisbogen von etwa 270 Grad - da bleibt für die Tiere nur ein sehr enger Ausweg", sagt Culik. "Zudem reflektiert der dort flach ansteigende Meeresboden schlecht Schallwellen." Für die Grindwale sähe es daher so aus, als breiteten ihre Schallwellen zur Echoortung sich in offenes Gewässer aus, da sie nicht reflektiert werden. Die Tiere wiegen sich in Sicherheit, befinden sich aber in sehr flachen Gewässern.
Und auch das Sozialverhalten der Tiere könnte eine Ursache sein, warum ganze Gruppen auf einmal stranden. Artgenossen auf dem Trockenen werden selten und dann erst nach sehr langer Zeit im Stich gelassen. So setzen sich mehrere Tiere lange einer Gefahr aus, um sich nahe bei einem Herdenmitglied aufzuhalten. Starke Gezeiten und Strömungen ziehen sie dann oft mit in den Tod.
Auch von Krankheiten oder Parasiten befallene Sinnesorgane können Massenstrandungen begünstigen. Sogar wenn nur einzelne Tiere betroffen sind, kann das zum Tod der ganzen Gruppe führen: Ein orientierungsloses und erkranktes Tier kann sie als eine Art Leittier in gefährliche Küstennähe lotsen.