Störender Einfluss Menschen drängen Tiere in die Nacht

Wildschweine bei nächtlicher Tour durch Berlin (Archivbild)
Foto: Sean Gallup/ Getty ImagesMenschen können ziemlich anstrengend sein. Wer sich auch nur einmal in einem überfüllten Bus oder Zug drängen musste, wer einen Elternabend durchgestanden hat oder Zeuge eines Junggesellenabschieds wurde, weiß wahrscheinlich, wovon die Rede ist.
Aber es soll hier nicht darum gehen, wie anstrengend Menschen für Menschen sind - sondern um die negativen Einflüsse des Menschen auf Tiere. Den haben Forscher jetzt näher untersucht. Dabei ist ihnen aufgefallen, dass viele Arten ihre Aktivitäten vom Tag in die Nacht verlagern, um Kontakt mit Menschen zu vermeiden.
Dass Tiere in Gegenwart von Menschen oft schreckhafter sind, dass sie weniger Zeit für die Futtersuche haben, dass sie weitere Strecken zurücklegen, um ihre Ruhe zu haben - all das ist bekannt. Ebenso bekannt ist der Fakt, dass das zulasten des Energiehaushalts dieser Tiere gehen kann. Aber wie groß ist der Einfluss der Menschen tatsächlich? Und welche Strategien können Tiere entwickeln, um sich zu schützen?
Forscher um Kaitlyn Gaynor von der University of California in Berkeley berichten nun im Fachmagazin "Science" : Selbst wenn Menschen den Tieren nicht bewusst nachstellen, wenn sie vergleichsweise wenig störenden Tätigkeiten wie Wandern oder Camping nachgehen, können sie viele Arten dazu bringen, vom Tag- zum Nachttier zu werden.
Einfach der Ruhe wegen.

Elefant beim nächtlichen Fressen in Südafrika (Archivbild)
Foto: © Toby Melville / Reuters/ REUTERS"Wir können denken, dass wir keine Spuren hinterlassen, wenn wir ganz einfach im Wald wandern", sagt Gaynor. "Aber unsere simple Anwesenheit kann bleibende Konsequenzen haben."
Die Wissenschaftler hatten für eine Überblicksarbeit 76 einzelne Studien ausgewertet, die 62 verschiedene Arten umfassten: Löwen in Tansania, Otter in Brasilien, Kojoten im US-Bundesstaat Kalifornien, Wildschweine in Polen, Tiger in Nepal - und so weiter. Diese wurden zum Beispiel mit GPS-Trackern oder Wildkameras mit Bewegungsmeldern beobachtet.
Dabei zeigte sich, dass die Anwesenheit von Menschen dafür sorgte, dass die Nachtaktivität der beobachteten Tiere um rund 20 Prozent zunahm. Ein grundsätzliches Problem muss das freilich nicht sein - solange sich die Tiere an die Dunkelheit anpassen können. "Menschen können tagsüber ihr Ding machen, Wildtiere nachts", sagt Forscherin Gaynor. So könne die Menschheit die Natur mit vielen anderen Arten teilen, "die einfach die Nachtschicht übernehmen, wenn wir schlafen".
Doch es bestehe auch die Gefahr, dass der Wechsel in die Nacht die Tiere stresse, so die Forscher - mit negativen Folgen für den körperlichen Allgemeinzustand, für die Überlebenschancen des Nachwuchses und die Fortpflanzungsraten. Und damit für die Größe der jeweiligen Population.
In manchen Fällen können sich Tiere aber auch überraschend schnell an menschliche Präsenz anpassen. So ist bekannt, dass zum Beispiel Stadtvögel deutlich widerstandsfähiger gegen akuten Stress sind als Artgenossen aus dem Wald.