Kann eine bestimmte Kartoffelsorte den Menschen dazu bringen, sie in seinen Garten zu pflanzen? Der amerikanische Autor und Wissenschaftsjournalist Michael Pollan verfolgt in seinem neuen Buch "Die Botanik der Begierde" die schräge These von der erfolgreichen "Koevolution zwischen Pflanzen und Menschen".
Wie Pflanzen die Bienen durch Form, Blüte und Duft verführten, so manipulierten sie auch den Menschen und brächten ihn wie die bestäubenden Bienen dazu, so zu handeln, dass es für die Pflanze von Vorteil ist. Essbare Gräser etwa, meint der Autor allen Ernstes, hätten es geschafft, dass der Mensch ihnen mehr Platz einräumt als anderen Gewächsen. In der Folge verschwanden ganze Wälder zu Gunsten von Mais- und Weizenfeldern.
Pflanzen, so die bizarre Hypothese Pollans, setzten ihre evolutionären Interessen durch, indem sie die Begierden der Menschen weckten: nach Süße, Sattheit, Rausch und Schönheit. Und ohne dass der Mensch es merkte, hätten sie sogar noch seine Vorlieben geprägt: Blumen wie die Tulpe, im 17. Jahrhundert in Amsterdam zeitweilig mehr wert als Gold, zementierten für Generationen den Begriff von Schönheit; halluzinogene Pflanzen wie Cannabis weckten im Menschen das Bedürfnis nach Rausch.
Folgt man den abgedrehten Ideen Pollans, erzählt das Erbgut domestizierter Pflanzen eine Menge darüber, wie sie die Kultur des Menschen beeinflusst haben: Jede Kartoffel "hat in ihrer DNS eine Abhandlung über unsere industrielle Nahrungskette stehen sowie über unseren Appetit auf lange, makellos goldgelbe Pommes frites".
So seltsam und bisweilen grotesk seine vergnüglich aufgeschriebenen Ideen auch wirken mögen: Ohne Zweifel hat Pollan Recht damit, dass vor allem jene Arten besonders erfolgreich sind, die sich gut domestizieren lassen: "Für viele Arten bedeutet Tüchtigkeit heute die Fähigkeit, sich in einer Welt zu behaupten, in der der Mensch zur mächtigsten evolutionären Kraft geworden ist."