Warnung von Forstexperten Borkenkäfer werden Wälder noch auf Jahre plagen

Trockenheit und Stürme haben für Borkenkäfer in deutschen Wäldern ideale Bedingungen geschaffen. Die Schädlinge dürften auch künftig leichtes Spiel haben.
Abgestorbene Fichten nach einem Befall durch Borkenkäfer im Nationalpark Eifel - wie hier sieht es vielerorts aus

Abgestorbene Fichten nach einem Befall durch Borkenkäfer im Nationalpark Eifel - wie hier sieht es vielerorts aus

Foto: Bernd Lauter / CoverSpot / imago images

Der starke Befall mit Borkenkäfern könnte vielen Wäldern in Deutschland nach Einschätzung des Thünen-Instituts noch Jahre zu schaffen machen. Die Witterung habe in diesem Jahr bislang nicht zu einer Verringerung der Borkenkäferpopulation geführt, warnte der Leiter des Thünen-Instituts für Waldökosysteme in Eberswalde, Andreas Bolte. "Im Gegenteil, wahrscheinlich bleibt der Befall noch weiter auf einem hohen Niveau in den kommenden Jahren."

Stürme und Trockenheit  hatten vielen Wäldern bereits in den Jahren 2018 und 2019 stark zugesetzt. Daher seien die Bedingungen insbesondere für den sogenannten Buchdrucker, eine Borkenkäferart, die vor allem geschwächte und kranke Fichten befällt, zuletzt wie ein "Schlaraffenland" gewesen, so Bolte.

Durch die hohe Population in den Vorjahren sei die Anfangsgeneration in diesem Frühjahr sehr groß gewesen. Bis zu drei Generationen Larven schlüpfen pro Jahr. Der Boom der Borkenkäfer habe auch mit der Vegetationsperiode zu tun. Diese habe in den vergangenen Jahren früher begonnen und sei wärmer gewesen, sagte Bolte. Dadurch können sich mehr Schädlinge entwickeln als sonst.

Dem Thünen-Experten zufolge bräuchte es mindestens zwei "ganz kühle und feuchte Jahre". "Das wäre nötig, zum einen, um die Widerstandskraft der Bäume zu stärken, zum anderen aber auch, damit die Population der Borkenkäfer insgesamt zurückgeht", sagte Bolte. Langfristig sei es dagegen notwendig, den Waldumbau voranzutreiben. Durch den Wechsel von Baumarten, etwa hin zu Mischwäldern, sollen Schadpotenziale eingeschränkt werden.

Besonders betroffen von dem Befall ist in Deutschland nach Angaben des Thünen-Instituts der gesamte Mittelgebirgsraum. Zu typischen Fichtenregionen gehören demnach

  • das Sauerland,

  • der Pfälzer Wald,

  • das Erzgebirge,

  • der Thüringer Wald,

  • das Fichtelgebirge und

  • der Frankenwald.

Allein im Voralpenraum sei der Befall dieses Jahr nicht ganz so stark, da es dort zuletzt mehr Niederschläge gab. Im Kreis Soest machte sich der Buchdrucker dagegen zuletzt sogar auch über Kiefern und Douglasien her, wie Forstleute beobachteten - wohl weil Fichten fehlten. Das sei allerdings kein neues Phänomen, teilt das für Kulturpflanzen zuständige Julius Kühn-Institut mit. Und Thünen-Experte Bolte betont, dass dies eher Einzelfälle seien.

Waldbesitzer sollen umbauen - und klagen, dass sie das oft nicht schaffen

Die Forstwirtschaft reagiert auf die Waldkrise, indem sie verstärkt neue Baumarten pflanzt, die mit Trockenheit besser zurechtkommen. Das aber dauert lange. "Waldumbau schnell und zügig" sei oft das Schlagwort der Wahl, um den Wald auf den Klimawandel vorzubereiten, so Thomas Weber, Stadtforstdirektor von Fürstenwalde an der Spree und Vorsitzender des Waldbesitzerverbandes Brandenburg. Doch der Umbau werde durch eine ganze Reihe von Faktoren erschwert, wie etwa durch die oft kleinteilige Parzellenstruktur im Privatwald.

Gerade viele kleine Privatbesitzer seien gar nicht in der Lage, den Umbau aus eigenen Kräften zügig voranzutreiben, so Weber. Das liege auch am eingebrochenen Holzmarkt. "Der damit einhergehende Preisverfall deckt oft nicht mehr die Kosten der Holzernte." In vielen Forstbetrieben und bei Waldbesitzern fehle daher die Liquidität. Für die von Bund und Ländern im vergangenen Jahr auf einem "Waldgipfel" bereitgestellten 800 Millionen Euro sowie für die 700 Millionen Euro aus dem Corona-Konjunkturpaket der Bundesregierung könnten daher oft die nötigen Eigenanteile nicht aufgebracht werden, klagte Weber.

chs/dpa
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